Landeschefs und Opposition: Zustimmung, Bauchweh und Widersprüche
Die Reaktionen auf die nach dem Bund-Länder-Gipfel verkündeten Öffnungsentscheidungen sind unterschiedlich. Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) erklärte nach dem (virtuellen) Treffen mit der Bundesregierung, Kärnten sei bei den Lockerungen mit an Bord. Allerdings mit Vorbehalt, wie er vor Journalisten sagte.
Kärnten achtet auf eigene Dynamik
"Wir tragen das mit, wenn die Prognosen eintreffen und die Zahlen es zulassen." Kaiser sprach sich dafür aus, dass die Coronatests weiter gratis bleiben sollten, und zwar zumindest solange, wie Tests Voraussetzung für den Zutritt etwa zu Spitälern oder Heimen seien. "Die Pandemie ist nicht vorbei, aber die Entwicklung geht in eine Richtung, die Lockerungen erlaubt", sagte der Landeshauptmann.
In Kärnten habe man den Höhepunkt der Omikronwelle verzögert, daher gebe es derzeit eine sehr hohe Inzidenz. Deswegen könne man nicht mit Sicherheit sagen, dass man den Zeitplan der Bundesregierung umsetzen werde. Kaiser: "Wenn es aber entsprechend nach unten geht, werden wir auch bezüglich des Zeitplans dabei sein." Er mahnte aber weiterhin zur Vorsicht und appellierte an die Bevölkerung, die Schutzmaßnahmen wie Masken, Abstand und Hygiene nicht über Bord zu werfen.
Die Experten hätten den Vorschlägen der Bundesregierung zugestimmt, sagte Kaiser auf APA-Anfrage, aber nur unter der Voraussetzung, dass die Vorhersagen der Prognostiker tatsächlich eintreffen. Die Entwicklung könne nicht ganz genau eingeschätzt werden, da noch unklar sei, wie sich die BA2-Variante des Virus verhalte, dies stelle einen Unsicherheitsfaktor dar.
Schützenhöfer hat "Bauchweh"
"Wir werden die Freiheit zurückbekommen, von der wir schon zwei Jahre reden", meinte Steiermarks Landeschef Hermann Schützenhöfer (ÖVP) zur APA. Die großen Öffnungsschritte hätten mit einer stabilen Lage in den Krankenhäusern zu tun, "das ist und bleibt das Wichtigste". Deshalb "können wir uns aus den Einschränkungen befreien".
Expertinnen und Experten, die bei dem virtuellen Treffen dabei waren, hätten auf seine Frage hin gemeint, dass es kein Pyrrhussieg sei, die Lockerungen seien vertretbar. Die Durchimpfungsrate sei gut genug, aber man müsse sie weiter steigern. Für Ungeimpfte seien die Öffnungsschritte so gesehen eine "goldene Brücke", um sich ohne Druck impfen zu lassen.
Das alles sei durchaus in seinem Sinne, erklärte Schützenhöfer. Aber "ich habe schon ein bisschen Bauchweh wegen der kompletten Öffnung am 5. März, aber wer wagt, gewinnt, und wenn das zu einer Aufwärtsentwicklung der Sonderklasse bei den Infektionen führen würde, müsste man sowieso handeln. Aber man hat sich nun mal dazu entschlossen, einen größeren Schritt zu wagen."
Auch in Salzburg Sondersituation?
In Salzburg gab man sich mit dem Ergebnis des heutigen Gipfels in einer ersten Stellungnahme zufrieden: "Wir begrüßen, dass es jetzt Klarheit gibt, was den Pfad der Öffnungen mit 19. Februar und 5. März betrifft", erklärte Wilfried Haslauers (ÖVP) Sprecher.
Salzburg werde aber vor dem 5. März noch eine eigene wissenschaftliche Schleife einziehen, um auf die individuelle Corona-Situation in Salzburg einzugehen. Die vom Bund gesetzten Maßnahmen würden nur die Unterkante festlegen, das Bundesland könne noch eigene Maßnahmen setzen, falls diese erforderlich seien.
Der internationalen Expertenkommission, welche die Situation in Salzburg beleuchten soll, gehören auch ein Aerosol-Spezialist und ein Soziologe an. Falls die Wissenschafter zu dem Schluss kommen, dass andere Maßnahmen notwendig sind, würden diese rechtzeitig vor dem 5. März der Öffentlichkeit mitgeteilt, hieß es.
Haslauer für kostenpflichtige Tests
Was die Teststrategie betrifft, sprach sich Haslauer dafür aus, dass der Bund eine einheitliche Lösung findet. Für sensible Bereiche sollten die Tests weiterhin kostenlos sein. "Mein Zugang ist, dass die behördlichen Tests und dort, wo man sie unbedingt braucht, kostenlos bleiben. Alle anderen, freiwilligen Testmöglichkeiten sollten nicht mehr gratis angeboten werden", erklärte Haslauer.
Prinzipiell begrüßte auch Burgendlands Landeshauptleute Hans Peter Doskozil (SPÖ) die Öffnungsschritte, im Burgenland sei eine klare Entspannung der Lage erkennbar. Keinesfalls dürfe man aber dieselben Fehler wie letztes Jahr machen. Viele Expertinnen und Experten seien sich einig, dass die Wahrscheinlichkeit einer neuerlichen Verschärfung der Lage im Herbst realistisch ist. Es sei daher ein klarer Fahrplan für die nächsten Monate notwendig. Das Burgenland werde so eine Strategie präsentieren, versicherte Doskozil.
Doskozil sieht Widersprüche
Offen geblieben sei nun auch die Vorgehensweise in Schulen, insbesondere der Umgang mit der Maskenpflicht für Lehrpersonal sowie die Fortführung der Teststrategie. Noch offen geblieben sei außerdem die Vorgehensweise mit der Impfpflicht. Es sei eine Kommissionsentscheidung vor 15. März in Aussicht gestellt worden, die möglicherweise zu einer temporären Aussetzung der Impfpflicht führt.
"Diese Entscheidung hätte ich mir bereits heute erwartet, da es ein klarer Widerspruch ist, mit 19. Februar in eine 3-G-Systematik zu gehen bzw. mit 5. März die 2- und 3-G-Systematik generell aufzugeben, aber gleichzeitig die Impfpflicht zu vollziehen", meinte Doskozil. "Daher gehen wir im Burgenland davon aus, dass es auch heutiger Sicht für die nächsten Monate zu keinem Vollzug der Impfpflicht kommen kann."
Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sprach von einer "fast vollständigen Rückkehr zur Normalität". Die Entscheidung der Bundesregierung sei "vollkommen richtig", so Platter und verwies auf milde Omikron-Krankheitsverläufe sowie eine stabile Lage in den Spitälern, vor allem auf den Intensivstationen.
Es bestehe keine Gefahr der Überlastung des Gesundheitssystem - dieses "erfreuliche Lagebild" habe die Expertenkommission Gecko bei den Beratungen gezeichnet. "Weil das Virus aber nicht komplett verschwinden wird", müsse man trotz Lockerungen weiterhin wachsam bleiben und die Situation im Auge behalten. Die Eigenverantwortung werde auch in den kommenden Wochen und Monaten eine große Rolle spielen - so wie auch das Impfen. "Ganz entscheidend wird der vierte Stich vor der kalten Jahreszeit sein, um bestmöglich für den Winter gerüstet zu sein", betonte der Landeshauptmann.
Ähnlich zufrieden zeigt sich Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Alle Maßnahmen der vergangenen zwei Jahre seien auf Basis wissenschaftlicher Einschätzungen und Empfehlungen gesetzt worden. "Und das war auch gut und richtig so. Umso erfreulicher ist es, dass die Expertinnen und Experten nun zur Einschätzung gelangt sind, dass weiter geöffnet werden kann."
SPÖ mahnt zur Vorsicht
Auch die Gesundheitssprecher der Parteien äußern sich zu den kommenden Lockerungsschritten. SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher mahnt zu vorsichtigem und evidenzbasiertem Vorgehen. Man müsse sich nun auf einen sicheren Herbst vorbereiten. Man dürfe nicht den Fehler machen "nur an ein Frühlingserwachen" zu denken, sonst droht im Herbst ein "böses Erwachen".
Die Neos begrüßen die Lockerungen. Sie seien längt überfällig gewesen. Allerdings kritisiert Gerald Loacker, dass die Regeln nach wie vor nicht logisch oder nachvollziehbar sind. "Völlig unverständlich ist, wieso Maßnahmen wie die Sperrstunde noch zwei Wochen verlängert werden. Das ist epidemiologisch völlig wirkungslos und damit reine Schikane. Aber auch, wieso man Maske tragen muss, wenn man kurz in den Supermarkt um einen Liter Milch geht, aber nicht, wenn man stundenlang in einem Einkaufszentrum herumbummelt, wird kaum jemandem einleuchten. Vertrauen gewinnt die Regierung so sicher nicht zurück - in Hinblick auf den Herbst sind das eher schlechte Aussichten", heißt es.