Deutscher Minister fordert neuen internationalen Rettungseinsatz für Flüchtlinge
Die Debatte um den Umgang mit geretteten Flüchtlingen im Mittelmeer geht weiter und neue politische Fronten formieren sich.
Zum Beispiel zwischen Österreichs Ex-Bundeskanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz und der deutsche Innenminister Horst Seehofer von der CSU: Seit Jahren sind die beiden Spitzenpolitiker verlässlich auf einer Linie in Sachen Flüchtlingspolitik, doch nach der jüngsten Eskalation des Flüchtlingsstreit rund um Rettungsboote im Mittelmeer vertreten Kurz und Seehofer auf einmal klar gegensätzliche Positionen.
Aus der CSU kommen auch von anderen Politikerin ganz neue Töne. Der deutsche Entwicklungsminister Gerd Müller fordert nun einen sofortigen internationalen Rettungseinsatz für die Flüchtlinge in Libyen. "Die Menschen in den dortigen Elendslagern haben die Perspektive, in den Camps durch Gewalt oder Hunger zu sterben, auf dem Rückweg in der Wüste zu verdursten oder im Mittelmeer zu ertrinken," sagte Müller in einem Zeitungsinterview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Die neue EU-Kommission müsse außerdem eine "neue Initiative" starten, um die Mittelmeeranrainer zu unterstützen, so der CSU-Politiker. Sie dürfe dabei "nicht länger auf ein Einvernehmen aller EU-Mitglieder warten".
Zwei Schiffe im Brennpunkt
Anlass für die Debatte ist die neue politische Krise um Rettungsschiffe von Hilfsorganisationen, die mit aus dem Meer geretteten Migranten aus Afrika die italienische Insel Lampedusa ansteuern. Nach dem Eklat rund um die „Sea Watch“ mit der deutschen Kapitänin Carola Rackete stehen nun zwei weitere Schiffe im Brennpunkt politischer Auseinandersetzungen. Eines davon, das deutsche Schiff "Alan Kurdi", durfte zunächst nicht auf Lampedusa landen. Auf Malta, das es dann ansteuern wollte, gab es nach langem Hin und Her doch noch ein Einlenken.
Die "Alan Kurdi" ist benannt nach dem dreijährigen syrischen Flüchtlingsjungen, dessen Leiche im Spätsommer 2015 an einem Strand in der Türkei angespült wurde.
Kurz unterstützt Salvini
Kurz macht erneut deutlich, dass er es grundsätzlich ablehnt, gerettete Migranten nach Europa zu bringen. Er unterstützt damit den Kurs von Italiens Innenminister Matteo Salvini: „Sie wecken damit nur falsche Hoffnungen und locken damit womöglich unabsichtlich noch mehr Menschen in Gefahr“, sagte Kurz der deutschen Zeitung Welt am Sonntag.
Solange die Rettung im Mittelmeer mit einem Ticket nach Europa verbunden sei, machten sich immer mehr Menschen auf den Weg. „Wenn wir sicherstellen, dass jeder, der sich illegal auf den Weg macht, zurückgebracht wird... werden wir die illegale Migration stoppen, das Geschäft der Schlepper zerstören und das Wichtigste: das Ertrinken im Mittelmeer endlich beenden.“
Seehofer lenkte ein
Zuvor hatte Horst Seehofer Salvini aufgefordert, die Dauerkrise der Rettungsschiffe im Mittelmeer zu beenden. „Wir können es nicht verantworten, dass Schiffe mit geretteten Menschen an Bord wochenlang im Mittelmeer treiben, weil sie keinen Hafen finden“, schrieb Seehofer am Samstag in einem Brief an Salvini. Der deutsche Innenminister erklärte sich bereit, zumindest einen Teil der Migranten von den derzeit betroffenen Schiffen aufzunehmen.
Für den Deutschen sind in den aktuellen Fällen, rasche europäische Lösungen in gemeinsamer Verantwortung nötig. „Ich appelliere daher eindringlich an Sie, dass Sie Ihre Haltung, die italienischen Häfen nicht öffnen zu wollen, überdenken“
Kurz dagegen betont erneut, dass jeder Migrant, der sich illegal auf den Weg macht, zurückgebracht werden müsse – in sein Herkunftsland oder in das Transitland.“ Im aktuellen Fall ist das Libyen und damit die von Milizen kontrollierten Lager . Die Situation dort beschreiben Hilfsorganisationen als menschenunwürdig. Das Sterben im Mittelmeer betont etwa „Ärzte ohne Grenzen“ werde so nicht gestoppt.
Deutsche Außenstaatsminister glaubt nicht an europäische Lösung
Der deutsche Außenstaatsminister Michael Roth forderte indes Solidarität mit den Mittelmeeranrainern: "Wir dürfen auch kein Land mit den Geflüchteten allein lassen, da gibt es zurecht ja auch Enttäuschung in Italien oder Griechenland", sagte der SPD-Politiker im ARD-"Morgenmagazin" am Montag. Deutschland müsse mit "gutem Beispiel vorangehen" und Geflüchtete aufnehmen, sagte Roth.
An eine einheitliche europäische Lösung glaubt der Staatssekretär nicht: "Ich habe die Hoffnung aufgegeben, dass wir als gesamte Europäische Union uns auf einen entsprechenden Verteilungsmechanismus verständigen können." Stattdessen arbeite man daran, dass "eine Koalition an Staaten, die Geflüchtete aufnehmen wollen, sich zusammenschließen und schnell Geflüchtete aufnehmen".
Langfristig kann Roth sich Aufnahmezentren in den europäischen Mittelmeerländern vorstellen, "wo die Geflüchteten gut versorgt werden", während ihre Asylverfahren in anderen EU-Mitgliedsstaaten laufen.