Simulationsforscher Popper: "Lockdown hilft nur für gewisse Zeit"
Wieder Rekord an Corona-Neuinfektionen, 25 Bezirke auf Rot: In der ZiB2 waren am Donnerstag Simulationsforscher Niki Popper und Epidemiologe Gerald Gartlehner zu Gast, um die bedenklichen Entwicklungen in Österreich zu kommentieren.
Gartlehner, der auch Mitglied der Ampel-Kommission ist, meinte zum Ernst der Lage: "Ich sehe sie nach wie vor als moderat besorgniserregend." Begründung: Nur 20 Prozent der Intensivbetten, die für Covid-Patienten reserviert sind, seien derzeit belegt. Bei einem "steil exponentiellem Wachstum" sei dieser Puffer allerdings schnell aufgebraucht, warnte Gartlehner.
Wie der KURIER berichtete, wird es brenzlig, wenn die Zahl der Neuinfektionen zwei Wochen lang täglich einen Wert zwischen 5.000 und 8.000 erreicht. Das haben Forscher des Complexity Science Hub errechnet. Wichtig ist dabei die Altersverteilung: Kommt es etwa vermehrt zu Clustern in Altersheimen, sind die Intensivstationen schon früher ausgelastet.
"Hätte Verbesserungsmöglichkeiten gegeben"
Zur Corona-Ampel sagte Gartlehner kurz und knapp: "Es hätte ganz sicher Verbesserungsmöglichkeiten gegeben im Lauf der letzten zwei Monate." Popper mahnte diesbezüglich Ruhe ein: "Dass die Ampel irgendwann Rot wird, war zu erwarten." Wichtig sei weiterhin das Contact-Tracing: "Wir müssen auch wirklich ganz konsequent dabei bleiben, weiter zu testen und zu tracen." Man müsse die "Infektiösen" schnell aus dem System herausnehmen, so Popper. Die hohen Infektionszahlen würden zeigen, dass die Menschen immer noch zu viele Kontakte pflegen.
In Niederösterreich funktioniere das Contact-Tracing beispielsweise gut, in Wien eher nicht. Woran liegt das? "Ich glaub in erster Linie ist es eine personelle Unterbesetzung", sagte Gartlehner: "Zum Teil wird falsch getestet. Zum Teil dauern Test und Tracing zu lange. Da gibt es sehr viel Optimierungsbedarf."
"Lockdown effizientes Mittel"
Bleibt die Frage: Wo stecken wir uns eigentlich an, bevor das Virus im Haushalt kursiert? Gartlehner spricht von einem "diffusen Infektionsgeschehen", das eigentlich nicht mehr nachzuvollziehen sei. Hier schließt sich der Kreis zum großen Drohgebilde am Horizont: einem weiteren Lockdown.
"Lockdowns sind natürlich ein effizientes Mittel", sagte Popper, verwies allerdings auf die ökonomischen Kollateralschäden. Regional gesetzte Maßnahmen seien das wichtigste Mittel. Und: Auch ein Lockdown helfe nur für gewisse Zeit. Popper stellte fest: "Wir müssen weiter Kontakte reduzieren."