EU-Krisentreffen mit Erdogan brachte keine Entspannung
Er kam, sah – und stellte Forderungen. Beim Krisengespräch zwischen Präsident Recep Tayyip Erdoğan und den Spitzen der EU und NATO am Montagabend in Brüssel ließ der türkische Staatschef keine Zweifel aufkommen: Er pocht auf finanzielle, politische und militärische Unterstützung aus dem Westen.
Zwei Stunden lang dauerte gestern das Krisengespräch zwischen Erdogan und Kommissionschefin Ursula von der Leyen sowie Ratspräsident Charles Michel.
Als kleiner Erfolg galt dabei schon, dass man überhaupt miteinander redete. Aber schon vorab hatte von der Leyen die Erwartungen gedämpft: „Wir stehen erst am Anfang eines Dialoges“, gab die Kommissionschefin zu bedenken.
Einzig konkretes Ergebnis des gestrigen Krisengesprächs: Die EU steht nach wie vor zum EU-Flüchtlingsdeal mit der Türkei – trotz des jüngsten provokanten Kurses der türkischen Führung.
„Jetzt werden wir analysieren, welche Teile des Abkommens nicht umgesetzt wurden und warum“, sagte von der Leyen nach dem Gespräch. Mit der Klärung dieser Meinungsverschiedenheiten sind nun EU-Außenbeauftragte Borrell und der türkische Außenminister Cavusoglu beauftragt.
Erdogan wirft der EU vor, sich nicht an das vor vier Jahren abgeschlossene Abkommen gehalten zu haben: Zu wenig Geld, zu wenig übernommene syrische Flüchtlinge und zudem keine Unterstützung beim Vorgehen der Türkei in Syrien. Um die EU zu einer Reaktion zu zwingen, öffnete der türkische Präsident für Tausende Migranten seine Grenzen nach Griechenland – und sorgte so für die größte Flüchtlingskrise seit 2015. Tausende Menschen sind nach wie vor im Grenzgebiet gestrandet, die Tore in die EU bleiben für sie zu.
Tiefe Gräben
Die Gräben zwischen der Türkei und der EU bleiben vorerst tief: Erdoğan verlangt von Brüssel nicht nur eine Überarbeitung des EU-Türkei-Flüchtlingsdeals. Er verlangt auch die Einführung der Visafreiheit für Türken in der EU. Auch hier dürfte sich Brüssel kaum flexibel zeigen. Und am wenigsten wird sich die NATO den Wünschen Erdoğans beugen – nämlich, sich bei den Kämpfen in Syrien auf die Seite der Türkei zu stellen.