Drei Tage Staatstrauer - Van der Bellen: "Wir werden nicht klein beigeben"
Österreichs Spitzenpolitik im Zeichen des Terrors. SPÖ und FPÖ ersuchen, die Sondersitzung, die sie zur Hacklerregelung beantragt hatten, abzusagen. Die Regierung ordnet drei Tage Staatstrauer an. Am Vormittag findet ein Sonderministerrat - per Video - statt.
Zu Mittag legt die Staatsspitze am Hauptschauplatz des Attentats, im Bereich Judengasse/Seitenstettengasse in der Wiener City, aus Trauer über die Opfer Kränze nieder.
Laufend wendet sich die Spitzenpolitik an diesem Dienstag nach der Terrornacht an die Öffentlichkeit.
Als Bundespräsident Alexander Van der Bellen um 11 Uhr vor die Kamera tritt, trägt die Nationalflagge im Hintergrund Trauerflor. "Wir haben eine dunkle, schreckliche Nacht hinter uns", sagt der Bundespräsident.
"Tränen für die Toten"
"Im Zentrum Wiens wurde ein feiges Attentat auf das Herz unserer Gesellschaft verübt. Es war offenbar islamistisch motiviert. Unser Mitgefühl gilt allen Verletzten, die in dieser Stunde um ihr Leben ringen. Unsere Tränen fließen für die, die ihr Leben verloren haben."
Van der Bellen dankt Polizisten, Soldaten, Rettungskräften und "der internationalen Gemeinschaft, die geschlossen und solidarisch in diesen Stunden hinter Österreich steht. Das ist gut zu wissen".
"Hass niemals so stark wie Liebe"
Van der Bellen sagt, das Attentat galt unserer freien Gesellschaft, dem Leben in der liberalen Demokratie, "das Terroristen offenbar abgrundtief hassen". Es sei in Europa zu hart um diese Freiheit und Toleranz gerungen worden, "als dass wir jetzt klein beigeben". Van der Bellen: "Wir werden uns vom Hass der Terroristen nicht anstecken lassen, wir werden unsere Werte, woran wir glauben, wofür wir stehen, verteidigen. Hass kann niemals so stark sein wie unsere Gemeinschaft in Freiheit, Friede und Liebe."
Kurz: "Kein Kampf zwischen Christen uns Muslimen"
"Tief betroffen" wendet sich auch der Kanzler "in dieser dunklen Stunde" an die Öffentlichkeit. Er nennt die Opfer - "ein älterer Herr, eine ältere Dame, eine Kellnerin, ein junger Passant" - und den Polizisten, der sich dem Attentäter entgegengestellt hatte und schwer verwundet wurde.
"Unser Feind sind die Extremisten und Terroristen", das sei kein Kampf zwischen Christen und Muslimen, zwischen Österreichern und Migranten, sondern einer zwischen Zivilisation und Barbarei. Österreich werde nicht in die Falle der Extremisten tappen, die die Gesellschaft spalten wollten, sagt der Kanzler.
"Wir werden die Opfer dieses Anschlags nie vergessen, und wir werden entschlossen unsere Grundwerte verteidigen", schließt der Kanzler seine kurze Ansprache.
Rendi-Wagner: "Feiger Angriff auf die Freiheit"
"Dieser Angriff ist ein feiger Angriff auf unsere Freiheit", sagt SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner. Terror wolle uns allen unsere Freiheit nehmen, und das dürften wir nicht zulassen. "Wir sind stärker als Hass, Gewalt und Verbrechen", so die SPÖ-Chefin. Wir würden uns nicht einschüchtern lassen und mit allen Mitteln des Rechtsstaats vorgehen.
Die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures betont die Werte der Demokratie. "Wir werden keinen Millimeter weichen", so die SPÖ-Politikerin. Sie plädiert für "entschlossenen und robusten Widerstand" gegen politische Gewalt und Terror - die Demokratie werde sich nicht "von feigen Mördern" erschüttern lassen.
Erklärung der Präsidiale gegen "Gewaltideologie"
Die Präsidialkonferenz mit allen Parlamentsfraktionen hat sich in einer gemeinsamen Erklärung "tief betroffen" über den "brutalen islamistischen Terrorakt" in der Wiener Innenstadt gezeigt: "Was wir heute und jetzt tun können, ist dem Terror und der Gewalt an sich eine klare Absage zu erteilen." Gerade die Willkür in der Auswahl der Opfer ziele darauf ab, die Freiheit an sich zu treffen: "Das ist menschenverachtend und das ist feige."
"Was auch immer die Täter bezwecken wollten, unsere liberale Demokratie bleibt standhaft. Wenn das Ziel des Terrorismus darin liegt, unsere Gesellschaft zu spalten, dann erreicht er damit genau das Gegenteil", schreiben die fünf Parlamentsfraktionen.
"Solchen Gesinnungen den Nährboden entziehen"
"Jeder extremistischen und totalitären Gesinnung erteilen wir eine Absage und treten mit aller Kraft dagegen auf", heißt es in der Erklärung, die von Neos-Chefin Beamte Meinl-Reisinger auf Facebook gepostet wurde. Es sei Sache des Staates, solchen Gesinnungen für alle Zukunft den Nährboden zu entziehen.
In den laufenden Ermittlungen der Behörden zeigten sich Hinweise auf eine dem Anschlag zugrunde liegende verblendete, menschenverachtende Gewaltideologie. Es sei Sache der Ermittlungsbehörden und der Gerichte, das restlos aufzuklären, Verbindungen offenzulegen und Täter zur Verantwortung zu ziehen.
Ihre Anteilnahme entrichten die Parlamentarier den Angehörigen der Opfer. Ihr Dank gilt den Einsatzkräften von Polizei, Bundesheer und Rettung. Auch bedankt sich die Präsidiale bei allen Menschen, die sich in den schweren Stunden solidarisch gezeigt hätten und im Rahmen ihrer Möglichkeiten geholfen haben und helfen.