Neuer ORF-Chef über GIS-Gebühr: "Gewisse Anpassung wird es geben“
Fernsehen macht der KURIER über den hauseigenen Sender schauTV ja schon einige Zeit. Doch nun hat er sich gemeinsam mit Krone und Profil an ein neues Projekt gewagt: Der Club 3 startet heute als wöchentlicher Polit-Talk der drei Medien. Zum Gespräch bitten sie jede Woche einen Gast aus der politmedialen Landschaft Österreichs.
Zur Premiere des neuen TV-Formats stellte sich den Fragen der drei Chefredakteure ein Mann, der sich genau damit – nämlich mit neuen TV-Formaten – gegenwärtig intensiv beschäftigt: der zukünftige ORF-Generaldirektor Roland Weißmann. Im Jänner 2022 wird er die Leitung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von seinem Vorgänger Alexander Wrabetz übernehmen. Und Weißmann hat einige Pläne – etwa wenn es um den Ausbau des digitalen Angebots geht. Über kurz oder lang soll die „Streaming-Lücke“ geschlossen und auch die GIS-Gebühr erhöht werden.
Um wie viel, das steht laut Weißmann noch nicht fest, aber: „Eine gewisse Anpassung wird es geben.“ Rund zehn Prozent betrage die Inflationsanpassung für fünf Jahre, bisher habe man diesen Rahmen bei der Gebührenerhöhung aber nicht ausgenutzt. Will Weißmann das jetzt nachholen? Nein, aber: „Wir wollen die Lieblingsprogramme der Österreicher weiter finanzieren und müssen schauen, was machbar ist.“
Dass der gebührenfinanzierte ORF sein digitales Angebot erweitern möchte, bringt die Konkurrenz auf dem vergleichsweise kleinen österreichischen Medienmarkt freilich in Bedrängnis. Zeitungen und Magazine müssen ihr Angebot selbst, über eine (in Relation zum ORF gesehen) viel kleinere Medienförderung, über Anzeigen und Abo-Erlöse finanzieren.
Ein Problem, das Weißmann vom Küniglberg aus naturgemäß so nicht sieht. Statt zu streiten wünscht er sich Kooperation, um den Medienstandort Österreich zu stärken. „Ich glaube, es ist genug Platz für alle da. Ich sehe das nicht als Duell, denn die eigentlichen Gegner sind ganz woanders“, sagt Weißmann und meint damit große internationale Konzerne und Internetriesen wie etwa Google.
Der Angst, der ORF könnte es mit Weißmann an der Spitze bei neuen Gesetzen leichter haben, weil er – anders als sein Vorgänger – als der favorisierte Kandidat der ÖVP gilt, entgegnet der zukünftige Generaldirektor: „Ich bin nicht der Kandidat einer Partei, ich bin der Kandidat für die Führung des ORF.“ Er habe immerhin Stimmen aus drei Fraktionen erhalten, in einer Wahl, bei der haftbare Stiftungsräte abstimmen.
Dass diese Wahl nicht geheim ist, sei nicht seine Entscheidung, so Weißmann, sondern jene des Gesetzgebers. „Ich glaube aber, ich hätte die Wahl auch gewonnen, wenn sie geheim gewesen wäre.“
Aber was kann er besser als sein Vorgänger? Auf diese Frage hat Weißmann im ZiB 2-Interview mit Armin Wolf zunächst auffällig lange geschwiegen. Im Club 3 erklärt er nun: „Wir stehen an einem Transformationspunkt, wir müssen das Unternehmen in eine neue, digitale Zeit bringen.“ Hier könne er wesentliche Akzente setzen. „Eher als Wrabetz?“ – „Es ist keine Frage des Eher.“
Was programmatisch alles neu werden soll, darüber hält sich Weißmann noch bedeckt – vor konkreten Aussagen drückt er sich noch. Was er wolkig verrät: Zum einen seien bereits neue Formate im Entstehen, weitere werde man mit dem neuen Programmdirektor entwickeln.
Wer das werden soll, dazu will sich der 53-Jährige noch nicht äußern. Inoffiziell hat sich das Personalkarussell freilich bereits mit ordentlichem Tempo zu drehen begonnen.
Apropos Personal: Hier steht nicht nur die Frage im Raum, wie sich die Journalisten des ORF künftig auf den Social-Media-Kanälen verhalten sollen, sondern auch, ob und in welcher Form gendergerechte Sprache auf Sendung erwünscht ist. Anders gesagt: ob das Binnen-I gesprochen werden soll. Der Diskussion über das Gendern müssen sich auch Printmedien wie der KURIER stellen. Aktuell würden im ORF dazu Guidelines ausgearbeitet, so Weißmann. Das habe schon Wrabetz beauftragt. Er selbst wolle keine Empfehlungen abgeben. Persönlich verwende er die männliche und weibliche Form, sagt er und bedankt sich für das Gespräch – bei den Chefredakteuren und der Chefredakteurin.
Roland Weißmann
wurde am 10. August mit 24 von 35 Stimmen zum neuen ORF-Chef gewählt. Mit Jahresende wird der Wunschkandidat der ÖVP den bisherigen Generaldirektor Alexander Wrabetz ablösen. Als Vize-Finanzdirektor und Geschäftsführer von ORF Online hat er bereits wichtige Management-Positionen besetzt. Der 53-Jährige wurde in Linz geboren, studierte nach der Matura Publizistik und Geschichte und arbeitete als Fernsehjournalist.