Politik/Inland

Konrad wird Koordinator für Flüchtlinge

Gemeinsames Vorgehen der Bundesregierung bei Asyl": So lautet der Titel der Presseinformation, mit der die Regierung gestern zur heutigen Präsentation ihres Flüchtlingspakets einlädt.

Nach langem Gegeneinander haben sich die rot-schwarzen Spitzen nun auf mehrere Maßnahmen geeinigt, um die Flüchtlingskrise in den Griff zu bekommen. Wie vom KURIER berichtet, werden Faymann und Mitterlehner einen "Regierungskoordinator für Flüchtlinge" einsetzen. Es ist der einstige Raiffeisen-Manager Christian Konrad (Porträt siehe unten).

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Weniger Widerstand?

Aufgabe des Koordinators wird sein, Quartiere für Asylsuchende in Ländern und Gemeinden zu finden – bei Privaten und in Bundesgebäuden wie Kasernen. Mit lokalen Politikern, Vertretern von Hilfsorganisationen und den Bürgern vor Ort soll er kommunizieren.

Da es sich um etliche ÖVP-geführte Länder handelt, sei ein Manager, der die Volkspartei gut kennt, von Vorteil, heißt es in Regierungskreisen. Im Bund hofft man auf weniger Widerstand von Landeshauptleuten.

Flüchtlingskoordinatoren gibt es auch in zwei Bundesländern: einen in Wien (der Geschäftsführer des Fonds Soziales Wien, Peter Hacker), ab 1. September einen in der Steiermark (Ex-Katastrophenschutzreferatsleiter Kurt Kalcher).

Positive Resonanz

Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer ist froh, dass auch der Bund einen derartigen Manager engagiert: "Ich hoffe, dass dann Schluss damit ist, dass ein Ministerium dem anderen den Schwarzen Peter zuspielt." Er hatte bereits am 8. Juni im KURIER verlangt: "Der Kanzler muss koordinieren." Vizekanzler Mitterlehner habe ihm zugesagt, "dass die Hauptaufgabe des Flüchtlingskoordinators die Kooperation mit den Gemeinden sein wird". Mitterlehner selbst sagte gestern im ORF-Sommergespräch, Konrad sei ein guter Manager. Es sei eine "Schubumkehr im Denken" nötig, denn es gehe um Menschen, nicht um "Material".

Ähnlich äußerte sich Ex-ÖVP-Chef Erhard Busek in der ZiB 2: Konrad könne gut Menschen motivieren, was entscheidend sei, um Flüchtlingshilfe zu mobilisieren.

Caritas: "Dinge kommen in die Gänge"


Für Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler, der schon vor Wochen einen "unabhängigen Regierungskommissär" gefordert hat, ist ebenfalls "positiv, dass endlich etwas in die Gänge gebracht wird". Der Flüchtlingsmanager müsse allerdings "Kompetenzen haben. Wenn er bei der Innenministerin anfragen muss bei allem, was er tut, sind wir dort, wo wir vorher waren." Johanna Mikl-Leitner "kann oder will sich nicht durchsetzen", befindet Babler via KURIER.

Caritas-Präsident Michael Landau geht davon aus, dass der designierte Flüchtlingskoordinator Christian Konrad seine ausgewiesenen Managementqualitäten in seine neue Aufgabe einbringen wird. "Die Dinge kommen in die Gänge", zeigte sich Landau in der ZiB24 verhalten optimistisch.

Heeres-Hilfe

Handelseins ist die ÖVP-Frau mittlerweile mit SPÖ-Verteidigungsminister Gerald Klug in Sachen Heer. Soldaten sollen dabei helfen, Quartiere zu errichten und Asylwerber in Unterkünfte zu bringen. Als "Unterstützungsleistung", nicht als "Assistenzeinsatz" wird das qualifiziert. Folglich ersetzt das Innen- dem Heeresressort die Kosten.

Auch außerhalb Österreichs werden Kanzler & Co aktiv: In einem Brief an die EU-Kommission appelliert die Regierung, die Flüchtlinge gerecht in den Unionsstaaten zu verteilen, anhand verpflichtender Quoten. Und: Gegen Schlepper müsse härter vorgegangen werden.

Hierzulande werden die Kriterien für die Höchststrafe von zehn Jahren und die U-Haft neu definiert: Schlepper sollen nicht erst in U-Haft genommen werden können, "wenn gewerbsmäßig zehn Personen unter Gefährdung ihres Lebens ins Land gebracht wurden". Wo die Mindestgrenze künftig liegt, ist noch offen. Spätestens ab 1. Jänner kommenden Jahres soll das gelten.

Beschlossen werden die strengeren Anti-Schlepper-Regeln ebenso wie das "Durchgriffsrecht" des Bundes (wenn Gemeinden bei der Flüchtlingsunterbringung säumig sind) Anfang September.

Das "gemeinsame Vorgehen der Bundesregierung bei Asyl" wird auch in Form einer "Task Force" dokumentiert, die Kanzler und Vizekanzler Ende Juli angekündigt haben. Jeden Dienstag werden sich Faymann, Mitterlehner, Mikl-Leitner, Außenminister Sebastian Kurz sowie Klug und Kanzleramtsminister Josef Ostermayer nach der Regierungssitzung der Flüchtlingscausa widmen.

Heute ist Premiere.

Um Flüchtlinge, die in Österreich bleiben dürfen, nachhaltig zu integrieren, dafür ist zuallererst eines nötig: eine Unterbringung. Denn eine Wohnung ist Voraussetzung für vieles - vor allem für die Suche nach Arbeit. Ausgerechnet vom ÖVP-geführten Integrationsministerium aber wurden nun die Mittel für ein zuständiges Projekt der Stadt Wien gestrichen, wie das Ö1-Morgenjournal berichtet.

Das betroffene Projekt ist die Mobile Wohnbegleitung. Sie vermittelt seit 2010 Wohnungen für Flüchtlinge mit aufrechtem Status. Konkret geht es um 45.000 Euro, die nun wegfallen sollen, wie das dazugehörige Schreiben vom 21.Juli bestätigt. Die Wohnbegleitung war einst Best-Practice-Beispiel der Regierung. Nun gibt es dafür keine Mittel mehr im Fördertopf.

Mit Christian Konrad als neuem, ehrenamtlichen "Regierungskoordinator für Flüchtlinge" engagiert die Bundesregierung einen der erfahrensten Manager des Landes. Er soll das momentan drängendste – innenpolitische wie menschliche – Problem in den Griff bekommen und im Auftrag der Regierung das Asylchaos in den Griff bekommen.

Konrad, Jahrgang 1943, trauen Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner gleichermaßen zu, die Flüchtlingsnot zu lindern – und rascher als bisher neue Quartiere in säumigen Ländern aufzutreiben. Kosten entstehen dem Steuerzahler keine, Konrad nutzt seine eigene Büro-Infrastruktur.

Konrad gilt als Netzwerker der Nation, dem ein maßgeblicher Einfluss in Wirtschaft, Medien und Politik zugeschrieben wird. Er bringt für diesen heiklen Job vor allem aber zwei wichtige Voraussetzungen mit: Die Durchsetzungskraft und Autorität eines Top-Managers, der als Raiffeisen-Generalanwalt 18 Jahre an der Spitze eines der größten Unternehmen Österreichs stand. Aber auch eine soziale Ader.

Integration

Konrad engagierte sich von Mariazell bis zum Wiener Stephansdom, von der Caritas-Obdachlosen-Unterkunft "Gruft" und "Licht ins Dunkel" bis zum Verein "Wirtschaft für Integration". Vom Ex-Raiffeisen-Boss ist in diesem Zusammenhang der Satz überliefert: "Ich will nicht in einer Stadt leben, in der Menschen auf der Straße wohnen müssen."

Der studierte Jurist stammt aus Niederösterreich, besuchte in Laa an der Thaya das Gymnasium, seine Mutter war Lehrerin. Nach dem Studium trat Konrad 1969 in die RLB NÖ-Wien ein und kletterte rasch die Karriere-Leiter nach oben.

Aktuell ist Konrad Aufsichtsratschef bei der Leipnik-Lundenburger Invest AG (LLI) sowie Aufsichtsratspräsident des KURIER und auch weiterhin für die anderen Raiffeisen-Medienbeteiligungen zuständig. Dazu kommen ehrenamtliche Funktionen wie etwa im Albertina-Kuratorium. Privat ist Konrad verheiratet und hat zwei Töchter.

In einem Interview, anlässlich der Hofübergabe bei Raiffeisen im Jahr 2012, gestand Konrad, dass es ihn seinerzeit auch gereizt hätte, in die Politik zu gehen. Letztlich kam er jedoch zum Schluss: "Wenn ich helfen soll, kann ich das viel besser von außen." Nun hilft er der Politik erstmals von innen.

Überaus nützlich ist dabei, dass ihm viele Menschen zuhören und manche auch das tun, was er will, wie er einmal selbst formulierte. Dies sei für ihn aber keine Frage der Macht, sondern "eine Frage der Autorität".