Politik/Inland

BVT-Affäre: "Erst Staatspolizei und dann die Justiz aufhängen"

„Meine erste Überlegung war: Das ist jetzt der Tag X, von dem in der (rechtsextremen, Anm.) Szene immer gesprochen wurde – wenn sie an die Macht kommen, dann hängen sie als erstes die Staatspolizei auf und als nächstes die Justiz.“

Das sagte Sybille G., die Extremismus-Referatsleiterin des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BVT), am Donnerstag im U-Ausschuss.

G. wird zwar nur als Zeugin im Ermittlungsverfahren geführt, ihr Büro wurde aber bei der Razzia am 28. Februar gefilzt, als sei sie selbst Beschuldigte. Sie fühlte sich zumindest so: „Sie haben jedes Blatt durchgeschaut, auch die klassifizierten Sachen im Stahlschrank“, sagte sie. „Bei den sichergestellten Daten sind sensible Informationen dabei gewesen, die unsere Leute gefährden können.“ Sie spielte dabei auf Infos über verdeckte BVT-Ermittler in der rechten Szene an. Auch viele „sinnlose Sachen“ wie „Kartons mit originalverpackten CDs von einem Kinder-Präventionsprojekt“ wurden mitgenommen.

„Ich habe die Hausdurchsuchung als Drohgebärde und Muskelspiel empfunden“, sagte G. „Für mich war das ein Show-Programm, warum sonst muss ich mit einer Ramme in ein Amtsgebäude gehen?“

Gegen die dabei eingesetzten EGS-Beamten wolle sie nichts Schlechtes sagen. Die EGS-Leute hatten sogar nur einen Zettel mit Namen der Beschuldigten, und anfangs nicht gewusst, was sie im BVT suchen müssen.

80.000 Mails

„Ich wurde nicht gefragt, wo meine Dienstwaffe ist, auch meine Mitarbeiter nicht“, sagte die Beamtin. „Ich habe die EGS-Leute die Durchsuchungsanordnung lesen lassen, damit sie wissen, was sie suchen müssen.“ Das war erst am Nachmittag des Razzia-Tages. Bei der Staatsschützerin sollten die Beamten eigentlich den Mailverkehr beschlagnahmen, den sie mit dem früheren Vize-Chef des BVT, Wolfgang Z., geführt hatte.

G. wird ein sehr enges Naheverhältnis zu ihrem früheren Vorgesetzten Z. nachgesagt, was sie so bestreitet. Tatsächlich wurden bei ihr 80.000 Mails sichergestellt und mit anderen Unterlagen vermengt. Zweieinhalb Monate, sagt sie, benötigte sie hinterher, um Ordnung zu schaffen.

Ein Zeuge, ihr Ex-Abteilungsleiter W., hatte sie belastet: „Er hat ein bisschen einen Verfolgungswahn gehabt und seine Aufgabe als Abteilungsleiter nicht wahrgenommen“, sagte G. „Hätte er irgendeinen Verdacht gehabt, hätte er das als Vorgesetzter abstellen müssen.“

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Burschenschaften

So sei sie auch vom BVT-Vize Z. nie beauftragt worden, gegen Burschenschaften zu ermitteln. „Ich habe keinen Bedarf gesehen“, sagte die Referatsleiterin. Wenn etwas Strafrechtliches anliegt, werde das angezeigt.

Nach der Razzia sollen G.s Unmutsäußerungen im Innenministerium nicht gut angekommen sein. Generaldirektorin Michaela Kardeis soll ihr die Pensionierung nahegelegt haben. G. soll aufgefordert worden sein, ihre „Frontalangriffe“ gegen Generalsekretär Peter Goldgruber zu unterlassen. Kardeis soll zu ihr gesagt haben: „Die wollen dich loswerden. Das wird ganz brutal werden.“

Kardeis selbst will dazu erst im November im U-Ausschuss Stellung nehmen.

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