Analyse zum TV-Duell: Hofer oder Van der Bellen - wer hat mehr überzeugt?
Die letzte TV-Konfrontation zwischen den Kandidaten Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen geriet zur Schlammschlacht. OGM-Chef Wolfgang Bachmayer und Medientrainer Gerald Gross haben die beiden Kontrahenten für den KURIER analysiert.
Analyse von Norbert Hofers Auftritt
Norbert Hofer habe eher vorsichtig begonnen, befindet OGM-Chef Wolfgang Bachmayer. Erst nach dem Vorwurf von Alexander Van der Bellen, seinen Vater in die Nazi-Nähe zu rücken, sei der FPÖ-Kandidat in die Offensive gegangen. „Hofers Strategie war, Van der Bellen der Unwahrheit zu überführen und damit seine Glaubwürdigkeit in Frage zu stellen. Das Ziel war, die eigenen Anhänger zur Wahlteilnahme zu motivieren und bei den Unentschlossenen Zweifel an Van der Bellen zu säen.“
Da seien Themen gekommen wie Spionage-Vorwürfe des ehemaligen Sicherheitsdirektors Michael Sika (zum Faktencheck "War Van der Bellen ein Spion?"). Er warf dem Ex-Grünen-Chef auch vor, dass er für die Zentralisierung der EU und für die Abschaffung des Veto-Rechts der Mitgliedsstaaten sei. Das Wort „Unwahrheit“ sei aber etwas zu oft von Hofer gekommen. Dafür habe er aber in anderen Situationen geschickt reagiert, etwa, als Van der Bellen ein Foto seines Vaters in die Kamera hielt. Da sagte Hofer: Er habe zwar kein Bild seines Vaters mitgebracht, trage diesen aber „in seinem Herzen“.
Bei emotionsstarken Themen wie Aberkennung der Staatsbürgerschaft für Dschihadisten, Schließung des Abdullah-Zentrums (zum Artikel "Abdullah-Zentrum verlängerte Saudi-Diplomaten als Generalsekretär") oder der Neutralität habe der Freiheitliche gepunktet. Ins Schwimmen sei er etwas gekommen, als Van der Bellen ihm vorwarf, dass er wolle, dass Österreich aus der EU austritt – und Hoffer das als „glatte Lüge“ bezeichnete. Van der Bellen habe da geschickt mit Zeitungsberichten nachgewiesen, dass Hofer sehr wohl einen Öxit anstrebe.
Medientrainer Gerald Gross befundet: „Hofer ist aggressiver und aktiver aufgetreten. Er war das Machtzentrum am Diskussionstisch, er ist auch über Moderatorin Ingrid Thurnher drüber gefahren.“ Hofers gesamtes Auftreten sei „autoritär und so gar nicht verbindlich“ gewesen. Gross: „Seine Aussagen waren zackig, haben keinen Spielraum gelassen. Seine Körpersprache war ausladend, er ist raumgreifend da gesessen mit einer Armspannweite, die Machtanspruch signalisiert hat.“
Dieses autoritäre Auftreten könnte doch den einen oder anderen bewegen, doch noch für Van der Bellen abstimmen zu gehen, meint Gross. Van der Bellen selbst habe für sich bei diesem letzten TV-Duell nichts mehr bewegen können, aber Hofer könnte zum unfreiwilligen Wahlhelfer geworden sein.
Andererseits, so Gross, habe Hofer seine Klientel gut bedient: „Er hat seine To-Do-Liste abgearbeitet.“ Hofers Masche sei das Schwarz-Weiß-Zeichnen. Dem falle zwar der oft größere Teil der Wirklichkeit zum Opfer, aber die Botschaft bleibe eher hängen als bei den dialektischen Antworten des Professor Van der Bellen.
Analyse von Alexander Van der Bellens Auftritt
Medientrainer Gerald Gross sagt: „Das Duell war sehr viel untergriffiger, als ich erwartet habe. Ich hätte gedacht, dass die beiden so kurz vor der Amtsübernahme staatstragend auftreten werden. Mit dieser wenig staatsmännischen Art der Auseinandersetzung haben sie dem Amt des Bundespräsidenten keinen Gefallen getan.“
Van der Bellen sei zwar weniger aggressiv als Hofer gewesen, „aber dennoch auch angriffig und mitunter polemisch“. Mit seinem Angriff auf Ursula Stenzel, die Van der Bellens Vater als Nazi bezeichnet hatte, „hat Van der Bellen Hofer überrascht“, sagt Gross. (zum Artikel: "Kein Hinweis auf Nazi-Verbindung") Daraufhin habe Hofer gleich die „Kommunismuskeule“ gegen Van der Bellen ausgepackt.
Bei der Beantwortung von Sachfragen hätten sich die beiden deutlich voneinander unterschieden, befindet Gross. Während Hofer Schwarz-Weiß-Antworten bevorzuge, habe Alexander Van der Bellen hat in der Art eines Professors abstrakt vor sich hin philosophiert, zum Beispiel über den Wert einer Staatsbürgerschaft oder über die amerikanische Verfassung. Gross: „Van der Bellen bemühte sich, ehrliche, abwägende Antworten zu geben.“ Dadurch seien die Botschaften und Aussagen Van der Bellens kaum hängen geblieben. Gross glaubt, dass Van der Bellen mit diesem letzten Fernseh-Auftritt nichts mehr für sich bewegen konnte.
OGM-Chef Wolfgang Bachmayer sieht das ähnlich: „Van der Bellen ist für solche Diskussionsformate mit Eineinhalb-Minuten-Beiträgen nicht wirklich prädestiniert.“ Auch die Präsentation des Fotos seines toten Vaters habe aufgesetzt gewirkt. Die für ihn heiklen Vorwürfe der Rüstungsspionage in jungen Jahren habe er aber mit einem „Das ist ja lächerlich“ wegschieben können, befindet Bachmayer.
Mit Gerald Gross ist er einer Meinung, dass Van der Bellen manche Themen zu technisch behandelt habe, Hofer habe das hingegen emotional getan. „Beim Entzug der Staatsbürgerschaft sagt Hofer, österreichische Dschihadisten sollten sie verlieren. Van der Bellen argumentiert mit der Rechtslage, die das erschwert – und führt auch noch aus, dass auch Mörder die Staatsbürgerschaft behalten würden.“
Ähnlich sei das bei der Frage gewesen, wen Van der Bellen als Bundespräsident in die Opernball-Loge einladen würde. Er habe das künftige deutsche Staatsoberhaupt Frank-Walter Steinmeier (zum Porträt "Wer ist Frank-Walter Steinmeier?") genannt, Hofer habe „meine Frau“ geantwortet.
Damit habe er gegenüber Van der Bellen den Vorteil gehabt, als „normaler Familienmensch“ zu erscheinen – und nicht als „Mitglied des politischen Establishments“, was er ja am einstigen Grünen-Chef kritisiert.