Bundesheer: Opposition fordert Erklärung der Ministerin im Plenum
Während Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) noch zur Aussprache mit dem Koalitionspartner zusammensitzt, haben sich die Oppositionsparteien in ihrem Ärger über die Heeres-Reformpläne zu einem Schulterschluss zusammengefunden: FPÖ-Wehrsprecher Reinhard Bösch warf der Verteidigungsministerin bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem roten und seinem pinken Kollegen einmal mehr einen geplanten Verfassungsbruch vor und forderte eine Erklärung in der nächsten Nationalratssitzung.
Auch der blaue Ex-Verteidigungsminister Mario Kunasek warf der ÖVP vor, sich "außerhalb des Verfassungsbogens" zu bewegen. Die ÖVP-Heerespläne würden der Neutralität widersprechen und die Landesverteidigung zur Unkenntlichkeit aushöhlen. Tanner erweise sich als "ahnungsloser und willkürlicher Erfüllungsgehilfe der türkisen Kurz-Jünger", so Kunasek in einer Aussendung.
Gemeinsam schickten die drei Oppositionsparteien Freitagvormittag auch ein Schreiben an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), in dem sie die Einberufung des Nationalen Sicherheitsrates verlangten. Im Kanzleramt war man allerdings schon davor dabei, einen Termin für die Sitzung zu fixieren, weil die ÖVP das Gremium selbst einberufen wollte.
Gesprächsbedarf abseits des - vertraulichen - Sicherheitsrates sehen die Wehrsprecher auch im Parlament. Bösch forderte Tanner "dringend" auf, in der Nationalratssondersitzung kommenden Dienstag eine Erklärung abzugeben und den Abgeordneten im Plenum Rede und Antwort zu stehen. Eine "Dringliche Anfrage" ist damit nicht gemeint, denn die Oppositionsfraktionen hatten - vielleicht etwas vorschnell - auf jegliche Sonderinstrumente in der außerordentlichen Sitzung zu den Corona-Hilfen verzichtet. Sollte sich Tanner am 30. Juni weigern, werde man aber weitere parlamentarische Schritte setzen, versicherte Bösch.
"Mit Stehsätzen gelangweilt"
Denn die kolportierten Pläne zur Umstrukturierung würden das Bundesheer "zu Tode reformieren", griff Bösch zu drastischen Worten. Im gestrigen ZiB 2-Interview habe die Ministerin "mit Stehsätzen gelangweilt" und keine Antworten auf die gestellten Fragen gegeben. "Wir erleben ein Schönreden der Bedrohungsszenarien durch die ÖVP." Tanners Vorschläge bedeuteten de facto die Abschaffung der militärischen Landesverteidigung und damit einen Bruch der Bundesverfassung. Beschwichtigungen der Ressortchefin schenke man keinen Glauben.
Die Opposition sei "in Sorge um unsere Heimat", betonte SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer. Wenn der Schwerpunkt künftig auf Katastrophenschutz liege, stelle sich die Frage, wer Österreich im Ernstfall schütze, meinte er. Die NATO solle es jedenfalls nicht sein, sprach er sich gegen eine Mitgliedschaft in derartigen Bündnissen aus. Man werde über das Parlament auch eine Online-Petition einbringen, kündigte Laimer an.
Eine "Nebelgranate", um die Befragung von Kanzler Kurz im Ibiza-U-Ausschuss zu verschleiern, ortet nach wie vor NEOS-Wehrsprecher Douglas Hoyos. Tanner gehe es nicht um die Sicherheit des Landes, "sondern rein um die Sicherheit des Sebastian Kurz". So eine Ministerin sei "untragbar". Hoyos hat überhaupt das Gefühl, dass Tanner nicht wisse, was in der Verfassung zum Bundesheer steht - "eine solche Ministerin sollte sich wirklich überlegen, ob sie am richtigen Sessel sitzt".
Sachliche Debatte?
Rückendeckung erhält Tanner indes aus den eigenen Reihen. ÖVP-Wehrsprecher Michael Hammer hat am Freitag versucht, in der Bundesheer-Debatte zu kalmieren. Er sah in der Diskussion eine "unnötige Panikmache" und forderte vor allem die Vertreter der Opposition dazu auf, "zu einer sachlichen Diskussion zurückzukehren". Die Ministerin habe die wesentlichen Eckpunkte des geplanten Prozesses klar außer Streit gestellt.