Politik/Inland

Auf Verdacht wegsperren? Die Grenzen der Sicherungshaft

Am Mittwoch um 9 Uhr ist es soweit: Die Regierungsspitze verhandelt im Kanzleramt, wie sie die neue Sicherungshaft umsetzen will. Eine Präventivhaft für alle ist vom Tisch. Aber auch die Einschränkung auf gefährliche Asylwerber ist fordernd.

Alle Inhalte anzeigen

Wäre eine Sicherungshaft für gefährliche Asylwerber in Österreich grundrechtlich überhaupt möglich?

Ja, das EU-Recht erlaubt, dass Asylwerber „aus Gründen der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung“ in Haft genommen werden. 15 Staaten haben den entsprechenden Passus in der Richtlinie 2013/33/EU umgesetzt.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) haben die Modelle in den Niederlanden und in Belgien für rechtens erklärt. Bezüglich eines Falles in den Niederlanden hat der EuGH festgestellt, dass die in der Richtlinie vorgesehene Inhaftierung nicht gegen die Menschenrechtskonvention verstößt. Vielmehr diene sie dem in der EU-Grundrechtecharta verankerten Recht jedes einzelnen auf Sicherheit.

Könnten auffällige Asylwerber damit generell in Haft genommen werden?

Nein. „Die Richtlinie ermöglicht zwar eine Sicherungshaft. Ob diese im Einzelfall aber gerechtfertigt ist, entscheidet am Ende immer noch die Menschenrechtskonvention“, sagt der Grazer Verfassungsrechtler Christoph Bezemek zum KURIER.

Selbst wenn die Bundesregierung die Verfassung und damit die Haftgründe ändern würde, bleiben die Grundstandards, die die Menschenrechtskonvention vorgibt, davon unberührt. Dazu gehört, dass ein Richter in die Verhängung der Haft eingebunden werden muss. Vereinfacht gesagt werden Menschen in Österreich nur in Haft genommen, wenn es bereits eine konkrete Straftat gibt – und zumindest ein begründeter Verdacht besteht, dass der oder die Betreffende Täter oder Mittäter ist.

„Bei einer Verwahrungshaft, die nur auf der Prognose beruht, dass etwas passieren könnte, ist der zeitliche Rahmen viel kürzer. Da reden wir von Tagen und nicht von Wochen oder Monaten“, sagt Bezemek.

Hätte eine Sicherungshaft für gefährliche Asylwerber den Fall Dornbirn demnach nicht verhindern können?

Das ist unter Experten umstritten. Der Grund: Derzeit ist unklar, ob und wie genau die Behörde die akute Gefahr, die von dem Asylwerber ausgegangen ist, tatsächlich erhoben hat. Der Wiener Strafrechtsexperte Frank Höpfel (Universität Wien) etwa argumentiert, dass im konkreten Fall gar keine Haft nötig gewesen wäre.

„Das Sicherheitspolizeigesetz verpflichtet die Behörden, die Öffentlichkeit vor Menschen, von denen eine Gefahr ausgehen könnte, zu beobachten.“ Man hätte den späteren Täter beobachten oder auch beschatten können, ja müssen, meint Höpfel: „Das lag aber letztlich im Ermessen der Polizei.“