Politik/Inland

Anschober: Brauchen bis 2030 über 100.000 Pflegerinnen und Pfleger

Heute gibt Gesundheits- und Sozialminister Rudolf Anschober die Parameter für die Pflegereform vor - gemeinsam mit Ulrike Famira-Mühlberger, stv. Leiterin des Wirtschaftsforschungsinstituts.

Zu den Fakten: Rund 486.000 Menschen haben derzeit Anspruch auf Pflegegeld, 153.500 beziehen mobile Dienste, mehr als 175.000 Menschen in Österreich werden ausschließlich und ohne professionelle Unterstützung von ihren Angehörigen gepflegt.

Von den 950.000 Pflegenden in Österreich sind 75 Prozent Frauen.

160 Millionen Euro für 24-Stundenbetreuung

Rund 25.000 Österreicher beziehen laut der Angehörigen-Studie des Sozialministeriums (2018) zur Unterstützung 24-Stunden-Betreuung.

"Neben der Pandemie ist die Pflegereform die Herausforderung des Ministeriums", schickt Anschober voraus. Das erklärte Ziel der lang erwarteten Pflegereform sei es, ein würdevolles Altern zu ermöglichen. "Wir haben einen Zeitdruck, diese Pflegereform umzusetzen, da die demographische Entwicklung es erfordert." Geht es nach den Daten der Statistik Austria, so beträgt die Lebenserwartung bei Geburt im Jahr 2019 für Männer 79,54 Jahre und für Frauen 84,21 Jahre. Das Durchschnittsalter im Pflegegeldsystem beträgt bei Männern 68,24 Jahre, bei Frauen 77,07 Jahre.

Es gehe insbesondere auch darum, die regionalen Unterschiede in Österreich in punkto Pflegestandards zu vereinheitlichen und, ausreichend Pflegerinnen und Pfleger auszubilden. Bis 2030 ist von einem Bedarf von 76.500 bis 100.000 zusätzlichen Pflegenden auszugehen, so Anschober. Die Zahlen divergieren, weil noch nicht bekannt ist, in welcher Form und Höhe der Pflegebedarf und die Pflegeintensität zunehmen werden - und dem gemäß, ob es ausreichend Fachpersonal geben wird.

Nach einer Dialog-Tour durch die Bundesländer geht es ab 20. Oktober an die Inhalte der Reform, ab Jänner sollen erste Ergebnisse bereits umgesetzt werden. "Ein Pflegesystem aus einem Guß ist das Ziel", so Anschober. "Ich erwarte mir sehr, sehr viel."

Wie viel Budget für die Pflegereform vorgesehen sein wird, das sei noch nicht zu beziffern. "Wir brauchen jedenfalls mehr Mittel, um die Herausforderungen der Reform umzusetzen."

Wifo-Expertin: Anteil der über 85-Jährigen steigt signifikant

Der Anteil der über 85-Jährigen wird sich bis 2050 verdrei- bis vervierfachen, weiß Wifo-Expertin Famira-Mühlberger. Kostensteigerungen beim Pflegegeld von bis 25 Prozent sind dadurch in den kommenden Jahren zu erwarten.

Jeder Euro, der in die Pflege investiert wird, habe eine Wertschöpfung von 1,7 Euro, so die Wifo-Expertin, die vier Problemfelder skizziert, die es zu reformieren gilt.

*Die unterschiedlichen Bedingungen in den Bundesländern sind laut Famira-Mühlberger nicht nachzollziehbar. "Warum gibt es unterschiedliche Zahlungen und Personalschlüssel in Heimen?"

*Es braucht eine verbesserte Kooperation von Bund, Ländern und Gemeinden

*Die Zahlungströme bei der Finanzierung sind ebenfalls nicht nachvollziehbar. Entflechtung und Transparenz sowie Finanzierung aus einer Hand seien geboten.

*Die größte Herausforderung ist die Rekrutierung von Pflegepersonal

Digitaler Beteiligungsprozess - 12 Fragen an Betroffene

Einblicke in den Pflegealltag gibt eine Umfrage unter über 3.000 zu Pflegenden, Institutionen und Pflegern.

Angehörige geben an, dass das vielfältige Angebot zwar zu begrüßen, aber nicht übersichtlich ist. Begleitende Unterstützung für pflegende Angehörige wird im jetzigen System vermisst; insbesondere, wenn es sich bei den zu Pflegenden um Demenzkranke handelt. Eines "der" Themen ist die "Einsamkeit", unter der pflegende Angehörige zudem leiden.

Pflege- und Betreuungskräfte geben an, dass sie sich in der Öffentlichkeit nicht so wahrgenommen und geschätzt fühlen, wie sie selbst ihre Aufgabe empfinden. Dadurch enstehe auch ein Image, dass dem Beruf der Pflegerinnen und Pfleger nicht gerecht werde. Gewünscht wird von vielen Pflegekräften eine Weiterbildung parallel zur Arbeit.

Pflegeeinrichtungen kritisieren wie das Wifo die Vielfalt des Angebots und schlagen zielgruppenspezifische Förderungen sowie mehr Transparenz vor.

Der Sukkus aus der Studie in Leitgedanken zusammengefasst:

Leitgedanken für die Task-Force-Pflege:Verlässlichkeit in der Pflege - Einsamkeit mindern - Pflegekräfte wertschätzen, auch finanziell - Entlastung für pflegende Angehörige -Vorausschauend planen und gestalten