Kitzmüller: Blaue Verhandlerin mit rechtem Netzwerk
Von Jürgen Klatzer
Seit vergangener Woche basteln die Verhandlungsteams von ÖVP und FPÖ an einer neuen Regierungskoalition. Zehn Personen diskutieren, welche Richtung das Land in Zukunft einschlagen soll. Unter den Chefverhandlern ist auch die FPÖ-Familiensprecherin Anneliese Kitzmüller, die einzige Frau im freiheitlichen Team. Das beschert der blauen Mandatarin nun ungewohnt mediale Aufmerksamkeit.
Politisch ist Kitzmüller seit 1991 als Gemeinderätin im oberösterreichischen Kirchschlag aktiv, seit 2000 sitzt sie in der FPÖ-Bundesparteileitung. Im Jahr 2008 folgte der Einzug in das österreichische Parlament, wo sie als Familiensprecherin der Freiheitlichen agiert. Während ihres Jusstudiums (das sie später abgebrochen hat) war sie beim Ring Freiheitlicher Studenten tätig.
Rechtskonservativ und Aula-Autorin
Aufgefallen ist die Oberösterreicherin mit rechtskonservativen und homophoben Äußerungen. So sprach sie im Jahr 2015, als der Verfassungsgerichtshof das Adoptionsverbot für homosexuelle Paare aufhob, von einem "schwarzen Tag für Kinder" und warnte, ein solches "Konstrukt" sei "ungeeignet für die Psyche der Kinder". Heute dürfen gleichgeschlechtliche Paare Kinder adoptieren.
Kitzmüller lehnt auch die künstliche Befruchtung lesbischer Paare ab, weil es "als gesellschaftspolitisches Experimentierfeld zur Schaffung atypischer Familienverhältnisse" nicht tauge.
Bekannt ist die Politikerin vor allem für ihr Engagement am äußersten rechten Rand. Die 58-Jährige schreibt nicht nur für die rechtsextreme Akademikerpostille Aula – sie ist auch federführend in zwei deutschnationalen Mädelschaften aktiv: "pM! Sigrid zu Wien" und "Iduna zu Linz". Außerdem sitzt die 58-Jährige im Vorstand des Verbandes der deutschen altösterreichischen Landsmannschaften und ist Bundesobfrau der Buchenlanddeutschen, ihr Vater lebte einst in Czernowitz in der heutigen Ukraine.
Bei "Iduna zu Linz" ist Kitzmüller laut Vereinsregister Vize-Obfrau. Wie das Nachrichtenmagazin profil und DerStandard bereits berichteten, hat die Mädelschaft ein Faible für altgermanisches Brauchtum. Ein Bild eines Lagefeuers, darüber der Schriftzug "Heil Sonnenwende" wird beispielsweise auf Facebook gepostet. Zu Weihnachten zelebriert man das Julfest und sendet damit einen einschlägigen Code: Die Nazi-Ideologen leiteten Weihnachten aus dem germanischen Julfest her, ihnen galten christliche Bräuche als verhasst.
Auf der Website von "Iduna zu Linz" ist auch die Kornblume zu sehen und als eine ihrer Farben wird "Kornblumenblau" genannt. Wie der KURIER ausführlich darlegte, steht das Gewächs als Symbol für die antisemitische Schönerer-Bewegung. Der in Wien geborene Georg von Schönerer war ein Bismarck-Fanatiker und Gründer der deutschnationalen "Alldeutsche Vereinigung". Schönerer legte den Grundstein für Hitlers Denken, er war sein "geistiger Vater", schrieb Hannah Arendt 1955 in ihrem Werk "Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft".
Wartburgfest
Zuletzt zelebrierte Kitzmüller mit Parteikollegen den 200. Jahrestag des Wartburgfests. Am 18. Oktober 1817 versammelten sich deutschnationale Studenten anlässlich des 300. Jahrestages des Beginns der Reformation und des vierten Jahrestages der Völkerschlacht bei Leipzig auf der Wartburg, die als deutsches Nationalsymbol stand. Als reaktionär oder "undeutsch" erachtete Schriften von 28 Autoren wurden damals verbrannt.
Allerdings können Burschenschafter seit drei Jahren nicht mehr im Burghof feiern. Der Stiftungsrat der Wartburg-Stiftung teilte 2014 mit, man sei "rechtsstaatlichen demokratischen Grundprinzipien der Verfassung verpflichtet". Die Feier der Deutschen Burschenschaft, dem ältesten der existierenden Dachverbände, sei für die Wartburg "nicht mehr repräsentativ und somit nicht mehr akzeptabel".
Gericht sprach Kitzmüller frei
Ihr Ehemann, Wolfgang Kitzmüller, ist ebenfalls im Gemeinderat in Kirschlag aktiv. Vor vier Jahren musste sich der freiheitliche Politiker wegen eines Facebook-Postings ("Ich hab's schon mal zum Ausdruck gebracht: ab mit den Schwuchteln hinters Voest-Gelände") vor Gericht verantworten. Das Gericht sprach den Gemeinderat aber im Zweifel frei: Die Wortwahl des Angeklagten im Posting "hinters Voest-Gelände" und nicht "ins Voest-Gelände" lasse mehrere Interpretationen zu, so die Begründung. Der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab, somit ist das Urteil noch nicht rechtskräftig*.
Für das Gericht war die Herstellung eines Zusammenhanges zwischen der unangebrachten Beschimpfung und der belasteten Vergangenheit des Voest-Geländes entscheidend. Diese sei im Zweifel nicht feststellbar. In den ehemaligen Hermann Göring-Werken in Linz waren während des Nazi-Regimes in einem Außenlager des Konzentrationslagers Mauthausen Zwangsarbeiter beschäftigt, die unter grauenhaften Umständen untergebracht waren. Viele kamen zu Tode.
*Richtigstellung: Herr Mag. Wolfgang Kitzmüller hat uns darauf aufmerksam gemacht, dass der Urteilsspruch, mit welchem er am 10. Juli 2013 von allen strafrechtlichen Vorwürfen freigesprochen wurde, mittlerweile in Rechtskraft erwachsen ist. Wir bedauern das Versehen.