Politik/Inland

AK-Präsidentin Anderl: "Ohne Kurzarbeit wird es auch im Herbst nicht gehen"

Angesichts von knapp 500.000 Menschen, die in Österreich derzeit arbeitslos gemeldet sind, spricht sich Arbeiterkammerpräsidentin Renate Anderl erneut für die Erhöhung der Nettoersatzrate von 55 Prozent auf 70 Prozent an. "Von 100 Prozent auf 55 Prozent zu fallen, das ist zu jederzeit eine Katastrophe", so Anderl im Ö1-Interview. "Hier brauchen wir eine Erhöhung zumindest für eine gewisse Zeit in der Arbeitslosigkeit."

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Anderl verwehrt sich auf Nachfrage gegen das Argument von Arbeitsminister Martin Kocher, eine Erhöhung der Nettoersatz-Rate mindere unter Umständen den Arbeitsanreiz. "Wir haben derzeit mehr als 500.000 Arbeitslose, denen 55.000 Jobs gegenüberstehen. Viele glauben, dass Arbeitslose zufrieden sind. Die Menschen, die lang arbeitslos sind, werden psychisch krank." Es sei eine "sonderbare" Haltung, über die da gesprochen werde. Es gehe nicht darum, Anreize zu schaffen, sondern Arbeitsplätze.

Der Idee eines degressiven Arbeitslosengeld-Modells kann die AK-Präsident derzeit nichts abgewinnen. "Jetzt brauchen wir 70 Prozent, damit die Menschen auch wieder den Konsum ankurbeln." Sie spreche mit vielen Menschen, die sich vor einem Jahr noch nicht gedacht hätten, dass sie sich über Armut Gedanken machen müssen. 

Die Einmalzahlung (450 Euro) für Arbeitslose sieht Anderl auf Nachfrage positiv - "negativ" sei, dass man zum "Bittsteller" werde.

Da die Infektionszahlen im Steigen begriffen sind, man nicht wisse, ob es einen weiteren Lockdown geben werde, geht die AK-Präsident von der Beibehaltung des Kurzarbeitsmodells aus. "Ohne Kurzarbeit wird es auch im Herbst nicht gehen." Ob das bis Juni verlängerte Modell beibehalten werden oder durch ein neues ersetzt werden soll, müsse man gemeinsam mit den Sozialpartnern zu gegebener Zeit entscheiden.

Anlässlich des Weltfrauentages spricht sich Anderl erneut für Lohntransparenz aus, um auf die Gehaltsschere zwischen Männern und Frauen aufmerksam zu machen. 

 

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Angesprochen auf SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner und ihre Verankerung in der Partei sagt Anderl: "Ist man zu kantig, ist man die böse Frau. Ist man sachlich, dann wird auch diskutiert."