Politik/Inland

2024: Ende der kalten Progression bringt 3,65 Milliarden Euro

Im Vorjahr hat die türkis-grüne Bundesregierung die kalte Progression abgeschafft. Dabei handelt es sich um eine schleichende Form der Steuererhöhung. Mit Beginn dieses Jahres wurden die Tarifgrenzen erstmals im Ausmaß der Inflation angehoben. Waren 2022 bis zu 11.000 Euro Jahreseinkommen nicht steuerpflichtig, wurde diese Tarifgrenze mit Jahresbeginn 2023 auf 11.693 Euro angehoben. Laut Finanzministerium (BMF) wird sie 2024 auf rund 12.500 Euro ansteigen.

Am Dienstag haben Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) und Holger Bonin, Direktor des Instituts für höhere Studien (IHS), den Progressionsbericht präsentiert. Für diesen berechnen WIFO und IHS, wie viel der Staat den Steuerzahlern im Folgejahr "zurückgeben" muss. 2024 sind es laut Progressionsbericht rund 3,65 Milliarden Euro. "Klar ist auch, dass wir diese 3,65 Milliarden natürlich eins zu eins den Menschen zurückgeben", so Brunner.

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"Die Abschaffung der kalten Progression ist ein historisches Paket der Republik. So entlasten wir die Österreicherinnen und Österreicher langfristig", sagt Brunner bei der Präsentation. Es sei ein "Akt der Fairness", dass arbeitenden Menschen mehr Netto vom Brutto bleibe.

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Bonins Empfehlung

Etwas kompliziert: die Umverteilung des Geldes. Die Tarifgrenzen steigen automatisch um zwei Drittel der Inflationsrate von Juli 2022 bis Juni 2023 – diese lag bei 9,9 Prozent. Es bleibt dann noch ein Drittel übrig, das der Finanzminister für weitere steuersenkende Maßnahmen verwenden muss. Damit könne man weitere Maßnahmen für die setzen, "die es besonders brauchen", sagt Brunner.

Bonin sieht zwei Varianten: "Damit könnte man die Steuerpflichtigen mit niedrigeren Einkommen, die unter der Inflation derzeit besonders leiden, stärker entlasten, indem man zum Beispiel die unteren Tarifgrenzen zusätzlich anhebt." Aber auch eine weitere Entlastung der Mittelschicht hält Bonin für zielführend. Dann bestehe für die Sozialpartner auch weniger Druck, bei den Lohnverhandlungen höhere Einkommenssteigerungen im zu fordern. Brunner betont, dass er beide Varianten spannend finde. Das weitere Vorgehen werde er nun mit den Grünen und den Sozialpartnern besprechen.

Österreichs Inflation ist im Juli zwar auf 7 Prozent gesunken, sie liegt aber nach wie vor deutlich über dem Durchschnitt der Eurozone. Brunner betont jedenfalls, dass es sich um den niedrigsten Wert seit März 2022 handle. "Aber natürlich ist die Inflation insgesamt noch zu hoch", so Brunner. Expertinnen und Experten würden von einer Halbierung bis Jahresende ausgehen.

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Plädoyer für Schweizer Modell

Dénes Kucsera, Ökonom vom wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria, hält das aktuelle Modell für "unnötig kompliziert." Seine Forderung: die kalte Progression – nach Schweizer Vorbild – komplett abschaffen und gleichmäßig auf alle Steuerzahler aufteilen. Brunner hält Österreichs Modell für treffsicherer: "In der Schweiz gibt es einen Automatismus, der gilt allerdings nur für die Bundessteuern."

Das arbeitnehmernahe Momentum-Institut hatte bereits vor der Präsentation betont, wie es sich die Verteilung des variablen Teils vorstellt. Wie im Vorjahr wolle man einen sozialen Ausgleich, hieß es in einer Aussendung. Konkret sollten damit die Absetzbeträge über die Inflationsrate hinaus um 17 Prozent steigen, und die erste und zweite Lohn- und Einkommensteuerstufe um die volle Inflationsrate von 9,9 Prozent.