Hahn ist über die ÖVP schwer irritiert
Johannes Hahn beobachtet die Turbulenzen in der ÖVP mit Besorgnis und Irritation. Der ehemalige langjährige Spitzenpolitiker der Volkspartei – seit 2010 für die milliardenschwere Regionalpolitik in der EU-Kommission zuständig – empfindet die Personaldiskussion als "unnötig. Es gibt keinen Anlass dafür, sie hält nur von der inhaltlichen Profilierung ab. Die Partei sollte sich vielmehr auf "ihre Potenziale und ihre Programmatik konzentrieren: Das ist die Mittelstandspolitik und das sind die Leistungsträger des Landes", sagt er zum KURIER.
Seine Empfehlung: "Die ÖVP muss mehr Gestaltungswillen zeigen, hartnäckig sein, eine solide Sachpolitik machen und abgestimmt agieren. Dann hat sie alle Möglichkeiten dieser Welt." Von der Parteispitze wünscht er sich, dass sie "die Inhalte kommunikativ besser in den Vordergrund rückt". Gefordert seien auch "bessere Abstimmungen mit den erfolgreichen ÖVP-Länderchefs, die ihre Interessen sehr gut wahrnehmen."
Auf die Frage, ob Vizekanzler Michael Spindelegger stark genug sei, bei der Nationalratswahl 2013 Spitzenkandidat zu sein, erklärt Hahn: "Ja. Spindelegger hat eine lange politische Erfahrung, ist thematisch breit aufgestellt und von besonderer Integrität."
Ein "kommunikatives Problem" der ÖVP ortet der Kommissar in der Vermittlung von EU-Themen. Hier gelte es stärker "die Differenzen zwischen sozialdemokratischer Position, wie die Fokussierung auf Wachstum, und der christdemokratischen Position, die auf Sparen und Wachstum setzt, herauszuarbeiten". ÖVP und SPÖ haben andere Schwerpunkte, es braucht darüber – im Hinblick auf die Entscheidung über den künftigen EU-Haushalt – eine akkordierte Position Österreichs.
Trotz dieser Differenzen beurteilt Hahn die jüngsten prononcierten Europa-Aussagen von Bundeskanzler Werner Faymann als "sehr positiv". Auch die Grünen seien "verantwortungsvoll".
Null-Reflexion
In der Debatte über die Wehrpflicht erwartet sich Hahn eine "solide Analyse mit Schlussfolgerungen und keine ausschließlich parteipolitische Auseinandersetzung". Was den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe angehe, verweist er auf Italien und osteuropäische Länder, wo es eigene Zivilschutzverbände gibt. Gut ausgebildete Freiwillige kommen hier zum Einsatz. Generell bedauert der EU-Kommissar, dass "die europäische Einbettung des Bundesheeres und der Sicherheitspolitik eine Null-Reflexion in Österreich hat".
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