Politik/EU-Wahl

EU-Wahl: FPÖ kann auf größte Stammwählerschaft setzen

Österreich ist anders – zumindest politisch. Das ist eines der zentralen Ergebnisse einer repräsentativen Studie der Bertelsmann-Stiftung im Vorfeld der Europawahl am 26. Mai, die in 12 EU-Ländern durchgeführt und am Donnerstag präsentiert wurde.

Denn einer der Schwerpunkte der Studie lag auf der Frage, gegenüber welchen Parteien die Europäer positive oder negative Gefühle haben. Und hier wichen die rot-weiß-roten Ergebnisse teils deutlich vom EU-Schnitt ab.

Emotion als Schlüssel

Quer durch Europa polarisieren populistische Parteien aufgrund ihrer extremen Positionen am meisten. Was sich auch daran zeigt, dass sie die höchsten Ablehnungswerte aufweisen – sprich, die höchste Anzahl an Menschen, die sie bei egal welcher Wahl auf keinen Fall wählen würden.

Nicht so in Österreich. Hier sagen zwar auch 44 Prozent, dass die FPÖ für sie unwählbar wäre (siehe Grafik). Über die Liste Jetzt (bei der EU-Wahl ’1 Europa)‘ sagen das aber sogar 56 Prozent.

Gleichzeitig würden 14 Prozent der Österreicher auf jeden Fall die FPÖ wählen. Auf jeder politischen Ebene (EU, national, regional) und „egal, was passiert“, wie Studienautor Robert Vehrkamp zum KURIER sagt. Das heißt: „Die FPÖ besitzt inzwischen die größte Stammwählerschaft aller Parteien“, so Vehrkamp. Der das auch auf „einen gewissen Gewöhnungseffekt“ zurückführt. Die Freiheitlichen sind in Österreich schon viel länger etabliert als ihre rechtspopulistischen Kollegen in anderen Ländern. Außerdem mache es auch einen Unterschied, dass die FPÖ in der Regierung sitzt, meint Vehrkamp.

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Doch das ist nicht die einzige heimische Besonderheit.

Stoßen die Parteien der Mitte wie Sozial- und Christdemokraten im europäischen Schnitt auf Zustimmungsraten von nur 6-7 Prozent und gleichzeitig auf Ablehnungsraten von 40 bis 50 Prozent, dürfen sie in Österreich mit weit mehr Wohlwollen rechnen.

So dürfen sich SPÖ und ÖVP jeweils auf eine Stammwählerschaft von etwa zehn Prozent verlassen. Gleichzeitig werden sie nur von 29 (SPÖ) bzw. gar nur 21 (ÖVP) Prozent der Wähler auf keinen Fall ein Kreuz erhalten – das sind außergewöhnlich gute Werte.

Keine Prognose

Aber heißt das nun automatisch, dass die Freiheitlichen – aufgrund der größten Kernwählerschaft – als stärkste Partei aus der EU-Wahl hervorgehen werden?

Nein. Denn dass sämtliche Parteien weit häufiger negativ als positiv wahrgenommen werden, weist darauf hin, dass viele Menschen nicht in erster Linie „für die Partei stimmen, der sie sich am stärksten verbunden fühlen“, heißt es in der Studie. Sondern vielmehr für die Partei, „die ihnen den stärksten Schutz vor den Parteien versprechen, die sie am stärksten ablehnen“.

Heißt: Man wählt gegen und nicht für etwas. Abneigung ist entscheidender als Zuneigung. Zitat aus der Studie: Ideen und Rhetorik der Populisten zu übernehmen, „kann für andere Parteien eine riskante Strategie sein, da eine Mehrheit der Wähler sie dezidiert ablehnen.“

In Österreich ist diese These freilich bekannt. Landläufig formuliert: „Man geht nicht zum Schmiedl, wenn man zum Schmied gehen kann.“