Der tote Polizist am Kapitol war Trump-Fan
Von Dirk Hautkapp
In die Kritik am mangelhaften Auftritt der Sicherheitsbehörden bei der Erstürmung des Kapitols in Washington mischt sich sich Trauer über den Tod eines kriegserfahrenen Mitglieds der „Capitol Police”, jener 2300 Mann starken Truppe, die für die Sicherheit des Kongresses zuständig ist. Brian D. Sicknick, ein seit zwölf Jahren in der schnellen Eingreiftruppe der Behörde tätig gewesener Beamter, erlag am Donnerstagabend im Krankenhaus Verletzungen, die ihm nach offiziellen Angaben von Randalierern zugefügt worden sind.
Details sind noch nicht bestätigt, aber Beamte haben gegenüber US-Medien berichtet, dass der aus New Jersey stammende und zuletzt in Springfield/Virginia wohnhafte Mann mit einem Feuerlöscher traktiert worden sei.
"Als Held gestorben"
Nach dem Einsatz am Kapitol brach Sicknick, der früher beim Militär war und mehrere Kriegseinsätze auch im Nahen Osten absolviert hatte, an seiner Dienststelle mit einem Schlaganfall zusammen. Im Krankenhaus sei ein Blutgerinnsel im Gehirn festgestellt worden, berichtet das News-Portal „Heavy”. Seine Familie habe sich noch rechtzeitig von ihm verabschieden können. Craig Sicknick, sein Bruder, sagte, er sei als „Held” gestorben
Über die Identität des Täters ist bisher nichts bekannt. Die Stadtpolizei von Washington ermittelt wegen Mordverdachts. Etliche Kongress-Abgeordnete von Demokraten und Republikanern kondolierten und forderten die „ganze Strenge” des Gesetzes anzuwenden. Sicknick war ausweislich seiner Aktivitäten in sozialen Medien ein Anhänger Donald Trumps, schreiben US-Medien.
Fünf Tote
Mit Sicknick steigt die Zahl der Toten, die die Tumulte am Kongress gefordert haben, nach vorläufigen Behörden-Angaben auf fünf. Eine Frau, Roseanne Boyland (34) aus Georgia, soll in der Menschenmenge überrannt worden sein. Benjamin Phillips (50) aus Pennsylvania habe einen Schlaganfall erlitten. Bei Kevin Greeson (55) aus Alabama sei Herzinfarkt die Todesursache gewesen. In allen Fällen ist nicht zweifelsfrei geklärt, ob die Opfer zur Gruppe der Eindringlinge gehörten.
Dazu wurde eine ausgewiesene Trump-Anhängerin bei dem Versuch innerhalb des Kapitols in einen sicherheitsrelevanten Bereich zu gelangen von einem Mitglied der „Capitol Police” durch einen Schuss in den Brustkorb getötet. Ashli Babbitt, eine Veteranin der Luftwaffe, wo sie 14 Jahre lang Dienst tat, ebenfalls mit Kriegseinsatzerfahrung, war aus San Diego/Kalifornien nach Washington gereist. Auftritte in sozialen Medien wiesen die 35-Jährige als extreme Trump-Anhängerin aus, die den angeblichen „Diebstahl” der Wahlsieges Trumps sühnen wollte und mit dem Verschwörungs-Kult QAnon verbunden war.
Die Hintergründe des Zwischenfalls, der teilweise per Handy-Video festgehalten wurde, sind noch unbekannt. Augenzeugen aus der Gruppe der Eindringlinge sagten gegenüber US-Medien, der Schuss auf Babbitt sei unverhältnismäßig gewesen. Die Polizei in Washington verweist auf „intensive Ermittlungen” Der Beamte wurde, wie in solchen Fällen üblich, vorübergehend vom Dienst freigestellt.
Insgesamt wurden nach Angaben der Behörden 50 Polizisten bei dem Groß-Einsatz verletzt, 15 mussten in Krankenhäuser gebracht werden.
Unterdessen hat die massive Kritik am „Total-Versagen” (Ex-Außenminister Colin Powell) der „Capitol Police” und anderer Institutionen zu ersten Personalentscheidungen geführt. Der Chef der Kapitol-Polizei, Steven Sund, wird sein Amt am 16. Januar abgeben. Sund wird unter anderem zur Last gelegt, den Einsatz mangelhaft vorbereitet zu haben, obwohl rechte Gruppierungen seit Wochen in sozialen Medien quasi zum Sturm auf den Kongress am 6. Januar aufgerufen hatten.
Nach vorläufigem Sachstand wies Sund Angebote von Verteidigungsministerium und FBI zurück, sein Personal präventiv mit Mitgliedern der Nationalgarde und der Bundespolizei aufzustocken. Sund räumte in einer Stellungnahme seine Fehleinschätzung indirekt ein. Man habe sich auf friedliche Demonstranten eingestellt, sagte er sinngemäß, gekommen seien bewaffnete Straftäter, die sich brutal und entschlossen Zutritt zum Kongress verschaffen wollten. „So etwas habe ich 30 Jahren Polizeiarbeit in Washington noch nie erlebt”, sagte Sund. Neben ihm sind auch die wichtigsten Sicherheits-Chefs von Kongress und Senat („sergeant-at-arms”), Michael Stenger und Paul Irving, ihre Jobs los. In beiden Fällen hatten die Top-Vertreter der Parlamentskammern, Mitch McConnell und Nancy Pelosi, auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses gepocht. Stenger und Irving verfügen über 800 Mitarbeiter, die ebenfalls für die Sicherheit des Kongresses zuständig sind.