USA: Auf der Mauer, auf der Lauer – Lostage im Budgetstreit
Von Dirk Hautkapp
Es war ein Showdown mit angezogener Handbremse, den Donald Trump zur besten TV-Sendezeit vor einem Millionenpublikum vollführte. Der US-Präsident scheute die kurz vor der Rede von Vize Mike Pence ins Spiel gebrachte letzte Konsequenz im inner-amerikanischen Streit um die Grenzmauer zu Mexiko: die Ausrufung des „nationalen Notstands“. Juristen des Weißen Hauses und des Justizministeriums sondieren bereits politische und rechtliche Begleiterscheinungen dieser Notlösung.
Trump, so heißt es, könnte so die Haushalts-Hoheit des Parlaments unterlaufen, Mittel für den Bau eines Grenzwalls umschichten, Grundbesitzer rasch enteignen und das Army Corps of Engineers zur Errichtung der Mauer einsetzen.
Gesichtswahrung
Damit wäre der Weg frei für Trump, den von ihm angezettelten Teil-Regierungsstillstand (Shutdown) aufzuheben, der seit 22. Dezember 800.000 Beamte betrifft und ab kommendem Wochenende mit 22 Tagen der längste in der US-Geschichte würde. Er hätte sein wichtigstes Wahlkampf-Versprechen erfüllt. Fiele ihm dann das Oberste Gericht in den Arm, das gewiss angerufen würde, könnte Trump ein Scheitern anderen in die Schuhe schieben. Er hätte sein Gesicht gewahrt.
Dass Trump diese Marschroute nicht andeutete, lässt Kritiker darauf schließen, „dass sich Trump nicht sicher ist“. Erst wenn die TV-Rede und der für Donnerstag in McAllen in Texas vorgesehene Grenzbesuch Trumps von den Meinungsforschern eingepreist ist, werde sich der Präsident entscheiden, heißt es.
Große Verschiebungen in der öffentlichen Bewertung sind aber nicht zu erwarten. Trumps Rede blieb bis auf Nebensächlichkeiten ohne Neuigkeitswert. Sämtliche Argumente für die Mauer – Jobverluste durch illegale Konkurrenz, Kriminalität, Drogenschmuggel etc. – kennt die US-Öffentlichkeit.
Auch die passende Gegenrede ist Allgemeingut. Etwa die Tatsache, dass das Gros der illegalen Einwanderung nicht, wie Trump nahelegt, auf Grenzübertritte zurückgeht. Sondern darauf, dass Menschen die Laufzeit ihres Visums überziehen. Oder: Dass der Löwenanteil der Drogen nicht über die grüne Grenze in die USA strömt. Sondern versteckt in Mensch und Material in zigtausenden Autos reguläre Grenzposten passiert.
Auf der anderen Seite steigt in der Bevölkerung der Unmut über den Shutdown. Handelskammer, Gewerkschaften und Verbände appellieren an Trump, nicht länger Teile der Verwaltung „in Geiselhaft“ zu nehmen.
Tauziehen im Kongress
An dieser Stelle kommen die Demokraten ins Spiel. Die Opposition legt Gesetzentwürfe vor, die zur Beendigung des Shutdowns führen würden. Entwürfe wohlgemerkt, denen die Republikaner vor Weihnachten zugestimmt hatten, dann aber einen Rückzieher machten.
Das Kalkül von Nancy Pelosi und Chuck Schumer, den demokratischen Leitfiguren im Kongress: Gehen den Republikanern mindestens sieben Konservative stiften und stimmen mit den Demokraten, könnte der Kongress den Shutdown beenden. Trump würde mutmaßlich sein Veto einlegen, was ihm öffentlich nicht zum Vorteil geriete. Eine Zwei-Drittel-Mehrheit des Parlaments könnte sich dann über den Präsidenten hinwegsetzen.