"Sturm-Z": Russland schickt Häftlinge und in Ungnade Gefallene an die Front
Russland lässt seine Angriffe gegen ukrainische Stellungen nach britischen Informationen in erster Linie von ehemaligen Gefangenen und in Ungnade gefallenen Soldaten durchführen.
Die "Sturm-Z" genannten Einheiten seien vermutlich als zunächst relativ elitäre Gruppen geplant gewesen, die die taktische Initiative ergreifen könnten, teilte das britische Verteidigungsministerium am Dienstag unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnissen mit.
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Weiters in diesem Artikel:
- Russland rekrutiert Frauen für den Krieg
- Selenskij wirbt um anhaltende Unterstützung für Ukraine
- Weiterhin heftiger Kampf um Awdijiwka
- Zwangsevakuierung von Kindern in Cherson
"Spätestens seit Frühjahr 2023 sind aus den "Sturm-Z" jedoch de facto Strafbataillone geworden, die mit Sträflingen sowie regulären Soldaten, die Disziplinarverstöße begangen haben, besetzt sind." Mehrere Berichte deuteten darauf hin, dass diese Einheiten kaum logistische und medizinische Unterstützung erhielten, aber dennoch wiederholt zum Angriff getrieben würden.
"Russische Truppen haben sich oft wirksam verteidigt", hieß es in London weiter. "Die Existenz von "Sturm-Z" verdeutlicht jedoch die enormen Schwierigkeiten Russlands, Kampfinfanterie zusammenzustellen, die in der Lage ist, wirksame Offensivoperationen durchzuführen."
Russland rekrutiert Frauen für den Krieg
Russland hat Medienangaben zufolge mit der Rekrutierung von Frauen für Kampfeinsätze in seinem Krieg gegen die Ukraine begonnen.
In der dem russischen Verteidigungsministerium unterstehenden Söldnereinheit "Redut" würden Scharfschützinnen und Bedienerinnen von Drohnen angeworben, schrieb das unabhängige Internetportal istories am Montag.
Bisher wurden Frauen im russischen Militär nur als Sanitäterinnen und in der Küche eingesetzt.
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2.200 Euro Monatsgehalt
Den Soldatinnen wird ein Halbjahresvertrag mit einem Monatsgehalt von umgerechnet etwa 2.200 Euro angeboten. Bei einer Verletzung gibt es 30.000 Euro Prämie, bei Tod sollen den Hinterbliebenen rund 50.000 Euro ausgezahlt werden.
Entsprechende Anzeigen tauchten demnach im russischen sozialen Netzwerk Wkontakte auf. Gesucht würden vor allem Frauen, die im Umgang mit Waffen schon geübt seien, teilte eine Rekruterin istories mit. Anfängerinnen würden innerhalb eines Monats an der Waffe ausgebildet.
Russland führt seit 20 Monaten einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland. Die Verluste auf beiden Seiten gelten als hoch. Nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministeriums hat Russland bisher rund 150.000 Gefallene oder Schwerverwundete zu beklagen. Offiziell gibt es aus Moskau seit Monaten keine Angaben dazu.
Wegen der unerwartet hohen Ausfälle seiner Armee hat Russlands Präsident Wladimir Putin im vergangenen Herbst die Mobilmachung von offiziell 300.000 Reservisten verkündet. Experten gehen davon aus, dass der Kreml angesichts der im Frühjahr 2024 geplanten Präsidentenwahl eine weitere Mobilmachung bis dahin vermeiden will und daher verstärkt Freiwillige anwirbt.
Selenskij wirbt um anhaltende Unterstützung für Ukraine
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij will mithilfe internationaler Konferenzen weiter für die Unterstützung seines Landes werben.
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„Die Aufmerksamkeit der Welt für die Ukraine, für den Schutz der Freiheit und des Völkerrechts muss gewahrt bleiben - dafür tun wir alles“, sagte Selenskij am Montag in seiner täglichen Videoansprache. Bereits am Dienstag werde ein parlamentarischer Gipfel der „Krim-Plattform“ stattfinden, kündigte er an.
Die „Krim-Plattform“, eine diplomatische Initiative Kiews, soll international Aufmerksamkeit für Missstände auf der seit 2014 von Russland annektierten Halbinsel erzeugen.
Kampf um Awdijiwka
Daneben ging Selenskij in seiner Ansprache vor allem auf die Lage an der Front ein und lobte unter anderem die Standfestigkeit der ukrainischen Soldaten im Frontabschnitt Awdijiwka.
Um die Kleinstadt in unmittelbarer Nähe der bereits seit 2014 von russischen Kräften kontrollierten Stadt Donezk wird seit Monaten gekämpft. In den vergangenen zwei Wochen hat das russische Militär den Druck in der Gegend noch einmal deutlich verschärft.
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Mit einer Offensive versucht Moskau, die dort stationierten ukrainischen Truppen einzuschließen. Bisher ist dies den Russen aber nicht gelungen.
Zwangsevakuierung von Kindern in Cherson
Nach massiven russischen Beschuss ordneten die Behörden im südukrainischen Gebiet Cherson eine Zwangsevakuierung von Familien mit Kindern an. Das betrifft gut zwei Dutzend Gemeinden und die Stadt Beryslaw am Fluss Dnipro, wie die Gebietsverwaltung am Montag bei Telegram mitteilte. Einer behördlichen Aufforderung von Mitte September, sich in Sicherheit zu bringen, sind bisher nur 450 Kinder und ihre Angehörigen gefolgt.
Aufgrund von Weigerungen seien nun Zwangsmaßnahmen erforderlich, heißt es. Dem Ministerium für Reintegration zufolge werden etwas über 800 Kinder kostenlos per Bus und Bahn in sicherere Gebiete im Westen des Landes gebracht. Notwendig wurde die Verordnung wegen nahezu täglichen Artilleriebeschusses und des intensiven Einsatzes von Gleitbomben der russischen Luftwaffe gegen Ziele auf dem ukrainisch kontrollierten Ufer des Dnipro. Wiederholt wurden dabei Zivilisten getötet und verletzt.