Politik/Ausland

Uiguren-Zwangsarbeit von chinesischen Forschern gelobt

Der deursche Ethnologe und China-Experte Adrian Zenz stöbert seit Jahren immer wieder Belege für den "kulturellen Genozid" auf, den er China an Uiguren vorwirft. Die muslimische Minderheit in der Provinz Xinjiang wird eingesperrt, umerzogen und zu Zwangsarbeit eingesetzt. Ihre Kinder werden ihnen weggenommen, Frauen zwangssterilisiert. 

Im Internet finden sich mitunter indirekte Belege, wie Verwaltungsdokumente für Hunderttausende Kinder, die in staatlicher Obhut landeten. Zenz hat aber zum Beispiel auch als Erster die Bauausschreibungen für die Umerziehungslager für Uiguren aufgespürt - und Budgetsteigerung für neue Haftanstalten der Regierung von teilweise fast 1.000 Prozent.

Zuletzt wurde Zenz ein interessanter Link direkt zugespielt. Er offenbarte einen Bericht der chinesischen Nankai-Universität über Zwangsarbeitsmodelle, bei denen Hunderttausende internierte Uiguren in Betrieben oder als Baumwollpflücker in Xinjiang schuften. Viele davon seien in Küstenprovinzen verfrachtet worden, wo sie in Fabriken zu Niedrigstlöhnen arbeiteten.

Sie wohnen, essen und arbeiten beispielsweise in einer Schuhfabrik in Dongguan in Südchina - strikt getrennt von "normalen" Arbeitern und stets unter Kontrolle von Wachpersonal oder Überwachungskameras.

Zenz speicherte das Dokument, das irrtümlich – und nur kurz – im Internet frei zugänglich war, und stellte den "Nankai-Report" internationalen Medien (BBC, Süddeutsche Zeitung und die kanadische Tageszeitung The Globe und Mail) zur Auswertung zur Verfügung. Am Mittwoch erschienen ihre Berichte dazu.

Billige Arbeitskräfte

Im „Nankai-Report“, den Zenz „fast eine Gebrauchsanweisung für Zwangsarbeit“ nennt, skizzierten die Forscher demnach nüchtern, dass die Behörden mit der Zwangsarbeit gleich drei Vorgaben aus Peking erfüllen, schreibt die Süddeutsche Zeitung: „Erstens, billige Arbeitskräfte für die wirtschaftsstarken Regionen im Süden und Osten Chinas. Zweitens, Ruhe in Xinjiang. Und: Die Umsetzung eines der Lieblingsprojekte von Staats- und Parteichef Xi Jinping, der versprochen hatte, dass bis Ende 2020 niemand mehr arm sein werde in China.“

Ein Uigure muss nach Pekings Definition nur wenig mehr als umgerechnet 1,90 Euro pro Tag zur Verfügung haben, um nicht mehr als arm zu gelten. Die Forscher empfahlen jährliche Uiguren-Quoten, „um den Arbeitskräftemangel zu verringern und die Arbeitskosten zu senken“.

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Dank der billigen uigurischen Zwangsarbeiter sind Fabriken in Küstenregionen, die einst als Werkbank der Welt galten, wieder im Rennen um internationale Aufträge. Zudem, erklären die Wissenschafter der Uni, verringere sich die „hohe Dichte an ethnischen Uiguren“ in Xinjiang. Und: „Ihr Denken, ihre Werte und ihre Sicht aufs Leben können geändert werden“.

"Zeichen der Verzweiflung"

"Diese Aussagen und die Feststellung, dass die Maßnahmen ,effektiv‘ seien, haben mich schockiert“, sagt Zenz gegenüber dem KURIER. Dass er von chinesischer Seite für seine Arbeit als „deutscher Rechtsextremer“ oder „Schlüsselfigur eines vom US-Geheimdienst gegründeten Anti-China-Instituts“ bezeichnet wird, seien Verleumdungen. "Peking versucht, meine wissenschaftliche Forschung als politisch motiviert darzustellen, oder mich als schlechte Person zu diffamieren. Das liegt daran, das die KP meine Erkenntnisse nicht widerlegen kann, da sie ja fast ausschließlich auf den eigenen Dokumenten der Regierung basieren", sagt Zenz. "Eigentlich ist das ein Zeichen ihrer Verzweiflung."

Zenz lebt in den USA und arbeitet seit Herbt 2019 als Forscher für die "Victims of Communism Memorial Foundation". Die Stifung in Washington wurde 1993 gegründe. Sie soll an die Verbrechen der kommunistischen Herrschaft erinnern und aktuelle Menschenrechtsvergehen aufdecken bzw. dokumentieren, erklärt Zenz. Sie sei überparteilich, "sonst würde ich nicht für sie arbeiten".

"Persönliche Sicht"

Aber wie reagierte die chinesische Regierung auf den dank Zenz publik gewordenen „Nankai-Report“? Verhalten. „Wir haben ihn zur Kenntnis genommen“, heißt es in einer schriflichen Stellungnahme des Außenministeriums. „Er spiegelt nur die persönliche Sicht des Autors wider.“ Viele der Inhalte und Aussagen stimmten nicht mit den Fakten überein.