Politik/Ausland

Türkei: Warum der Putsch zum Scheitern verurteilt war

Der Putschversuch in der Türkei ist verhältnismäßig rasch kollabiert und war für Experten dilettantisch ausgeführt. Die fünf Hauptgründe, warum das Unternehmen scheiterte:

  • Erdogan konnte rasch seine Anhänger mobilisieren. Trotz der unübersichtlichen und gefährlichen Lage zogen Anhänger von Erdogan in der Nacht für ihren Präsidenten auf die Straße. Aber nicht nur das Volk, sondern auch die Oppositionsparteien stellten sich hinter Erdogan. Auch die Polizei blieb Erdogan treu. Sogar von Moscheen aus wurde die Bevölkerung zum Widerstand aufgerufen, berichtet der Poltikwissenschaftler und Türkei-Experte Cengiz Günay.
  • Die Putschisten verfügten über zu wenige Anhänger, um strategisch wichtige Orte zu besetzen und zu kontrollieren. Die Hoffnung, dass sich mehr Militärs anschliessen würden, hat sich nicht erfüllt. Armeechef Hulusi Akar und andere hochrangige Militärs blieben regierungstreu, ebenso stellte sich die Luftwaffe gegen die Putschisten, die lediglich sechs F-16-Kampfjets ergattern konnten. Laut dem Politologen Schmidinger war der Putsch "dilettantisch" ausgeführt, zumal keine wesentlichen Kräfte in der Türkei ihn unterstützten.
  • Die Putschisten konnten Erdogan nicht festsetzen. Er befand sich zu der Zeit in seinem Urlaubsdomizil in Marmaris. Erst nach seinem Abflug Richtung Ankara sei dann der Ort "bombardiert" worden (so hieß es auch Kreisen Erdogans).
  • Erdogan konnte geschickt die neuen Medien nutzen, um das Volk zum Widerstand gegen die Putschisten aufzurufen. Im Fernsehsender CNN Türk war Erdogan über ein in die Kamera gehaltenes Smartphone zu sehen, über Facetime sprach er ebenso zu seinem Volk wie über twitter. Die Botschaften verbreiteten sich rasend schnell unter den Erdogan-Anhängern. Der türkische Präsident nutzte so geschickt die sonst von ihm verhassten und teilweise bekämpften Online-Medien, um sich zu Wort zu melden.
  • Politiker aus aller Welt verurteilten den Putsch postwendend und stellten sich hinter Erdogan. So ließen die deutsche Kanzlerin Merkel oder US-Präsident Obama keinen Zweifel darüber, dass Erdogan das demokratisch legitmierte Staatsoberhaupt sei und die Putschisten die Waffen niederzulegen hätten.

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