Politik/Ausland

Trump reist nach Kenosha - die Familie des Opfers trifft er nicht

US-Präsident Donald Trump reist am Dienstag nach den Polizeischüssen auf den Afroamerikaner Jacob Blake und den folgenden Protesten nach Kenosha. Im Staat Wisconsin will er Sicherheitsbeamte treffen und bei Ausschreitungen verursachte Schäden begutachten. Kritiker werfen dem Republikaner vor, die Spannungen gezielt anzuheizen, um sich im Wahlkampf als Garant für Recht und Ordnung darzustellen.

Bei der Wahl am 3. November kandidiert Trump für eine zweite Amtszeit. Trump hat die teils gewaltsamen Proteste in Kenosha scharf verurteilt, sich zu den Polizeischüssen auf Blake selbst aber nicht geäußert. Ein weißer Polizist hatte den 29-jährigen Blake am 23. August durch sieben Schüsse in den Rücken schwer verletzt.

Der erneute Fall von Polizeigewalt gegen Afroamerikaner löste Empörung und Proteste aus. Am Rande von Protesten wurden vergangene Woche zwei Menschen erschossen, als Tatverdächtiger wurde ein 17-jähriger Weißer festgenommen.

Kein Besuch bei Familie Blakes

Trump wird während seines geplanten Besuchs in der Stadt Kenosha voraussichtlich nicht mit der Familie von Jacob Blake zusammentreffen. Trumps Besuchsprogramm sehe laut aktuellem Stand ein Besuch der Angehörigen Blakes nicht vor, sagte am Montag die Sprecherin des Weißen Hauses, Kayleigh McEnany.

Der Präsident sagte nun, er habe bisher nicht mit Angehörigen Blakes gesprochen, jedoch mit dem Pastor der Familie. Dieser sei ein "wunderbarer Mann". Blakes Familie wolle aber, dass bei einem Gespräch mit ihm - Trump - ein Anwalt zugegen sei, sagte der Präsident. Dies halte er nicht für "angemessen".

Mutmaßlicher Schütze "wäre wahrscheinlich getötet worden"

Trump hat unterdessen den wegen Mordes angeklagten 17-Jährigen, der bei Protesten in Kenosha um sich geschossen hat, in Schutz genommen. "Er hat versucht, von ihnen wegzukommen und dann ist er gefallen und dann haben sie ihn sehr heftig angegriffen", sagte Trump am Montag zu dem Vorfall. "Ich denke, er war in großer Not, er wäre wahrscheinlich getötet worden."

Der 17-jährige Kyle Rittenhouse schoss bei Protesten mit einem Sturmgewehr auf drei Demonstranten, zwei starben. Rittenhouse wurde als Erwachsener wegen zwei Mordfällen ersten Grades und eines Mordversuchs angeklagt. Sein Anwalt hat angekündigt, er werde auf Notwehr plädieren.

Der demokratische US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden gab Amtsinhaber Trump eine Mitschuld an der tödlichen Gewalt am Rande von Protesten. "Es brennen Feuer, und wir haben einen Präsidenten, der die Flammen anfacht", sagte Biden am Montag in der Stadt Pittsburgh. "Er kann die Gewalt nicht stoppen, weil er sie seit Jahren schürt."

Biden wirft Trump Unfähigkeit vor

Der Präsidentschaftskandidat der Demokratischen Partei warf Trump am Montag in einer knapp halbstündigen Ansprache Unfähigkeit und Scheitern vor - in der Coronakrise wie in der Reaktion auf die anhaltenden gewaltsamen Proteste in amerikanischen Städten.

"Glaubt irgendjemand, dass es in den USA weniger Gewalt geben wird, wenn Donald Trump wiedergewählt wird?" fragte Biden, der den Republikaner bei der Wahl am 3. November herausfordern wird. "Er mag glauben, dass ihn die Worte Recht und Ordnung stark erscheinen lassen. Aber sein Unvermögen, seine eigenen Anhänger aufzurufen, nicht weiter wie eine bewaffnete Miliz in diesem Land aufzutreten, zeigt, wie schwach er ist."

Zugleich verurteilte Biden mit scharfen Worten Ausschreitungen am Rande von Anti-Rassismus-Protesten. "Krawalle sind kein Protest. Plünderungen sind kein Protest. Brandstiftung ist kein Protest. Das ist schlicht und ergreifend Gesetzlosigkeit." Die Verantwortlichen für solche Taten müssten zur Rechenschaft gezogen werden. "Gewalt wird keinen Wandel bringen", sagte der 77-Jährige. "Sie wird nur Zerstörung bringen."