Politik/Ausland

Trump gegen Sessions: Neue Prügel des Chef-Mobbers

Es ist eine Übersprunghandlung, nach der man mittlerweile die Uhr stellen kann. Wann immer die Einschläge für Donald Trump in der Russland-Affäre näher kommen, drischt Amerikas Präsident umso gnadenloser auf seinen Lieblings-Sündenbock ein: Jeff Sessions.

Mit einem kalt vernichtenden Urteil („Ich habe keinen Justizminister. Es ist traurig“) hat Trump die Attacken gegen den kleinen Mann (1,67 Meter) erneut verschärft. Laut dem Enthüllungs-Buch „Fear“ von Watergate-Legende Bob Woodward bezeichnet er ihn auch als „bescheuerten Südstaatler“ und „geistig zurückgeblieben“.

Für Trump ist der Justizminister so ziemlich an allem schuld, seit er sich in der Russland-Affäre vor 18 Monaten für befangen erklärt hat. Mit der Konsequenz, dass Sessions Stellvertreter Rod Rosenstein das Heft in die Hand bekam und Ex-FBI-Chef Robert Mueller mit einem unbegrenzten Untersuchungsauftrag ausstattete.

Fertig war das Szenario, das Trump seit 16 Monaten mit wachsendem Bauchgrimmen als ehrenrührige „Hexenjagd“ bezeichnet. Und das, obwohl Mueller schon Dutzende Anklagen und mehrere Geständnisse vorweisen kann, darunter die ehemaliger Trump-Spezis wie Paul Manafort (Ex-Wahlkampfmanager) oder Michael Cohen (Ex-Privatanwalt).

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Nun hat Cohen, der jahrelang mit robusten Methoden für Trump den „Fixer“ spielte, in ausgiebigen Vernehmungen bei Mueller „entscheidende Informationen“ über Trumps jahrzehntealte Russland-Connections weitergereicht.

Was den Präsidenten und seine Familie (Tochter Ivanka, die Söhne Donald Jr. und Eric sowie Schwiegersohn Jared Kushner) „in Bedrängnis bringen kann“, sagte ein Analyst im TV-Sender MSNBC.

"Wut-Pegel" steigt

Folglich steigt beim Präsidenten der „Wut-Pegel“, wie es in Regierungskreisen heißt, und findet „im armen Sessions ein bevorzugtes Ventil“.

Dabei zementiert Trump den Eindruck, dass er an der Spitze des Justizministeriums keinen unparteiischen Anwalt des Rechtssystems will. Sondern in Missachtung der Gewaltenteilung einen persönlichen Consigliere, der ihm Strafverfolgung vom Leib hält, wann immer Ungemach droht.

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Was die Frage aufwirft: Warum tut Trump nicht endlich das, was er bei Michael Flynn, dem Nationalen Sicherheitsberater, Gesundheitsminister Tom Price, Veteranen-Minister David Shulkin, dem Chef der Umweltbehörde EPA, Scott Pruitt, und vielen anderen in Ungnade gefallenen Funktionären längst getan hat, und feuert Sessions?

Ungünstiger Zeitpunkt

Der Zeitpunkt für einen Rauswurf ist extrem ungünstig. Knapp 45 Tage vor den Kongresswahlen könnte die Personalie die Republikaner Stimmen kosten. Sessions, ein traditioneller Law-and-Order-Mann, ist bei Konservativen an der Basis beliebt.

Weil er hart gegen illegale Einwanderer vorgeht, Muslimen mit Misstrauen begegnet und bei tödlicher Polizeigewalt gegen Minderheiten meist auf der Seite der Polizei steht.

Mitch McConnell, der Mehrheitsführer im Senat, stellt seinem Ex-Kollegen darum ein tadelloses Zeugnis aus. Trump hätte McConnell & Co. auf der Gegengeraden, gäbe er Sessions jetzt den Laufpass. Ein Nachfolge-Kandidat würde das Bestätigungsverfahren im Senat politisch nicht heil überstehen. Zumal ein von Trump erzwungener Wechsel in der Endphase der Mueller-Ermittlungen stark nach Justiz-Behinderung aussehen könnte.

Trump sind gewissermaßen die Hände gebunden. Darum verlegt er sich aufs Ehrabschneiden. Hoffend, dass Sessions von selbst zurücktritt. Aber den Gefallen will der 71-Jährige dem Präsidenten nicht tun. Lieber steckt er auch die nächsten Prügel ein.