Politik/Ausland

Trump: Coronavirus könnte aus einem Labor in China stammen

In der Frühphase der Coronavirus-Krise gehörte sie zu den vielen Verschwörungstheorien, die zügig in den Medien versenkt wurden: die These, dass der Erreger, der inzwischen weltweit über zwei Millionen Menschen infiziert und rund 140 000 getötet hat, nicht auf einem Fischmarkt im chinesischen Wuhan, auf dem auch Wildtiere verkauft wurden, vom Tier auf Menschen übergesprungen ist.

Sondern, dass der Erreger wahrscheinlich aus einem von zwei in unmittelbarer Nähe gelegenen staatlichen Labors stammt, in denen chinesische Wissenschaftler unter anderem mit finanzieller Förderung der USA mit eben jenen Coronaviren zu ansteckenden Krankheiten forschen.

Von absichtlichem Bioterrorismus bis zu einem Unfall, der auf laxe Sicherheitsvorkehrungen zurückgeht, reichten bis Februar die Spekulationen, die es in den USA jedoch nie in ernstgenommene Mainstream-Medien schafften. Das ist vorbei.

In dieser Woche meldete die Washington Post, dass die US-Botschaft in Peking bereits 2018 intern Alarm schlug, nachdem Emissäre die besagten Institute in Wuhan mehrfach besuchten und dabei teils haarsträubende Sicherheitslücken entdeckten. So habe es einen akuten Mangel an hinreichend qualifiziertem Personal gegeben.

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Was die Diplomaten wenig später ins Außenministerium nach Washington kabelten, gipfelte laut Washington-Post-Autor Josh Rogin in der Befürchtung, dass die risikoreiche Forschungsarbeit mit Fledermäusen und Coronaviren in Wuhan im Falle eines Betriebsunfalls zu einer weltweiten Pandemie führen könne. Was im “State Departement” mit den Warnungen geschah, ob sie verfolgt oder ignoriert wurden, ist unklar.

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Am Mittwochabend legte der quotenstärkste amerikanische TV-Politiksender Fox News nach. Star-Moderator Bret Baier berichtete unter Berufung auf mehrere anonyme Quellen, dass US-Regierungskreise "zunehmend sicher sind", dass sich eine Labor-Angestellte in Wuhan angesteckt hat ("patient zero") und das Virus danach offenbar unwissentlich über den nahegelegenen Fischmarkt in die Bevölkerung getragen hat.

Die von rechtslastigen Publizisten wie dem bekannten Radio-Moderator Rush Limbaugh verbreitete Anschuldigung, China habe einen bioterroristischen Angriff inszeniert, verwarf Fox News als substanzlos.

Vielmehr habe Peking durch seine Forschungsaktivitäten in Wuhan unter Beweis stellen wollen, dass es mit den USA wissenschaftlich auf Augenhöhe sei (oder noch besser), wenn es um das Identifizieren und Bekämpfen hochansteckender Viren gehe.

Als Donald Trump dazu bei seiner täglichen Corona-Pressekonferenz im Weißen Haus am Mittwochabend gefragt wurde, gab es kein Dementi. Der Präsident ließ zwischen den Zeilen erkennen, dass er die Labor-Version für plausibel hält. Er bestätigte er, dass wir “diese Geschichte mehr und mehr hören” und eine “sehr genaue Untersuchung der schrecklichen Situation durchführen”.

Zuvor hatte General Mark Milley, der Oberkommandierende der US-Streitkräfte, erklärt, es gebe zurzeit noch keine “eindeutige” Faktenlage über den exakten Ursprung des Virus.

In aktuellen Umfragen glauben rund 30 % der Amerikaner, dass das Coronavirus aus einem Labor stammt, entweder absichtsvoll auf die Menschheit losgelassen oder ungeplant entwichen. Außenminister Mike Pompeo nutzte die neue Nachrichtenlage zu einem Appell an Peking: “Die chinesische Regierung muss Farbe bekennen und genau erklären, wie sich das Virus ausbreiten konnte.”

Bisher hatte Peking alle Spekulationen um einen Labor-Zwischenfall weit von sich gewiesen. Anstatt Transparenz an den Tag zu legen, hat die Regierung Wissenschaftlern Maulkörbe erteilt und eine Untersuchung der entsprechenden Lokalitäten in Wuhan durch internationale Experten bisher abgelehnt.

Sechs Tage zu spät

Unterdessen haben US-Medien anhand von internen chinesischen Dokumenten recherchiert, dass Peking bereits am 14. Januar über die drohende Pandemie im Bild war. Präsident Xi Jinping informierte die Welt-Öffentlichkeit aber erst sechs Tage später. In der Zwischenzeit sollen sich 3000 Menschen infiziert haben. US-Wissenschaftler sagen sinngemäß: Ohne diese Ursünde gebe es heute sehr wahrscheinlich weltweit nicht über zwei Millionen Infizierte und 140 000 Tote.

Das sieht auch Tom Cotton so. Der erzkonservative republikanische Senator aus Arkansas war im Februar einer der ersten prominenten US-Politiker, der die beiden Viren-Labore in Wuhan ins Visier nahm. “Gute Wissenschaft, schlechte Sicherheit”, twitterte der Trump-Fan, der damals viel Kritik einstecken musste. Cotton sieht sich durch die sich verdichtenden Hinweise bestätigt und fordert, dass Peking “für jeden einzelnen Todesfall und jeden Arbeitsplatzverlust” zur Rechenschaft gezogen werden muss. “Präsident Xi Jinping muss den Preis dafür zahlen”. Cotton will einen Gesetzentwurf vorlegen, der Amerikanern ein Recht auf Schadensersatzklage gegen China einräumt.

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