Treffen in Ramstein: Ukraine hofft auf Panzersignal Deutschlands
In puncto Unterstützung für die Ukraine blickt der Westen heute nach Ramstein nach Westdeutschland, nahe der französischen Grenze, wo die United States Air Forces ein Hauptquartier haben. Dort treffen sich die rund 50 Verteidigungsminister der Ukraine-Kontaktgruppe, darunter der neue deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius und sein US-Pendant Lloyd Austin, der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Österreich ist nach Angaben des Verteidigungsministeriums wie schon bei vorigen ähnlichen Treffen als Beobachter eingeladen.
Selenskij fordert schnelleres Handeln
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij hat in einer Video-Schalte beim Treffen den Westen zu mehr Tempo bei Waffenlieferungen an sein von Russland angegriffenes Land aufgefordert. Die Zeit sei kritisch. Russland ziehe gerade seine Kräfte, seine letzten Kräfte zusammen. "Wir müssen schneller werden." Der russische Terror erlaube keine langen Diskussionen. "Der Kreml muss verlieren."
Selenskij dankte den versammelten Vertretern westlicher Staaten für die bisherige Unterstützung seines Landes. "Wir sehen die Ergebnisse auf dem Schlachtfeld in der Ukraine." Den Verteidigern der Freiheit gingen aber langsam die Waffen aus. In Ramstein müssten konkrete Entscheidungen über die Lieferung etwa von Flugzeugen sowie Raketen und Artillerie mit großer Reichweite getroffen werden, um den russischen Terror beenden zu können.
US-Zusagen
Die US-Regierung hatte vor dem Treffen angekündigt, der Ukraine zur Abwehr weitere Militärhilfen im Umfang von 2,5 Mrd. US-Dollar (2,3 Mrd. Euro) zur Verfügung zu stellen. Es ist das bisher zweitgrößte Einzelpaket dieser Art. Es enthält nach Pentagon-Angaben unter anderem 59 Schützenpanzer vom Typ Bradley und erstmals 90 Radschützenpanzer des Typs Stryker - allerdings keine Abrams-Kampfpanzer.
Das US-Verteidigungsministerium hält die Lieferung von Abrams-Panzern nach eigenen Angaben derzeit für nicht sinnvoll. Der Abrams benötige anderen Treibstoff als etwa die Kampfpanzer Leopard 2 oder der Challenger 2 und sei aufwendig in der Instandhaltung, sagte Pentagon-Sprecherin Sabrina Singh am Donnerstag. Über den Abrams war diskutiert worden, nachdem berichtet worden war, der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz habe die Lieferung des US-Kampfpanzers zur Bedingung für eine mögliche Entsendung deutscher Kampfpanzer gemacht.
Dennoch bringt das Paket Deutschland in die Bedrouille: Zwar betonte Verteidigungsminister Boris Pistorius die Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine nicht von der gleichzeitigen Lieferung der amerikanischen Kampfpanzer an das Land abhängig machen zu wollen. Doch der Streit mit Polen um die Lieferung spitzt sich zu und könnte heute entschieden werden.
Polen will nicht länger warten
Polen schließt unterdessen eine Lieferung von Leopard-2-Panzern an die Ukraine auch ohne Zustimmung Deutschlands als Herstellerland nicht aus. Polen sei zu einer solchen nicht standardgemäßen Handlung bereit, sagt Vize-Außenminister Pawel Jablonski dem privaten Radiosender RMF FM. Auf die Frage, ob Polen gegen den Widerstand Deutschlands liefern würde, antwortet er: "Ich denke, wenn es starken Widerstand gibt, werden wir bereit sein, selbst solche nicht standardmäßigen Maßnahmen zu ergreifen ... aber greifen wir den Tatsachen nicht vor."
In der Debatte um die Lieferung von Kampfpanzern in die Ukraine stellte sich die US-Regierung demonstrativ hinter Deutschland. Auf die Frage, warum sich Deutschland vor der Genehmigung von Kampfpanzern scheue, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am Donnerstagabend (Ortszeit) im US-Fernsehen: "Die Deutschen verstehen sehr gut, was in der Ukraine auf dem Spiel steht."
Deutschland sei einer der "größten Geldgeber" und habe seine Unterstützung kontinuierlich ausgebaut. "Wir sind dankbar für das, was sie zur Verfügung gestellt haben, und wir sind dankbar dafür, dass sie darüber nachdenken, Kampfpanzer zu liefern - wir werden sehen, was sich daraus ergibt", sagte Kirby. Deutschland treffe souveräne Entscheidungen, angepasst an die Belange des Landes.
Ukraine hofft auf Panzersignal
Die Ukraine erhofft sich vom Treffen ihrer Unterstützerstaaten in Ramstein nach Angaben von Vize-Außenminister Andrij Melnyk Zusagen über massive weitere Militärhilfe. "Die Ukrainer erwarten vom Ramstein-Gipfel einen echten Durchbruch bei der Lieferung modernster Waffensysteme", sagt der frühere ukrainische Botschafter in Berlin dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). "Die größte Bitte an die (deutsche) Ampel-Regierung für das Ramstein-Treffen wäre, dass Deutschland nicht nur seine merkwürdige Blockadehaltung bei den Leopard-Panzern beendet, sondern wahre Führung demonstriert und eine mächtige Panzer-Koalition für die Ukraine bildet."