Die konservative Version von Barack Obama will ins Weiße Haus
Von Konrad Kramar
Allein sein Motto macht ihn zum politischen Feindbild vieler Afroamerikaner. „Amerika ist kein rassistisches Land“, diese Behauptung stellt Tim Scott gerne in den Mittelpunkt seiner Reden – und er selbst sei der lebende Beweis dafür. Der 57-Jährige hat es im tiefen US-Süden, im Bundesstaat South Carolina, zu einer eindrucksvollen Karriere gebracht: Zuerst als Geschäftsmann, der aus einer bettelarmen Familie stammt und zum erfolgreichen Versicherungsunternehmer wurde, dann als Politiker, der seit 2013 im US-Senat sitzt – als einziger schwarzer Senator der Republikaner.
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Jetzt aber will Scott einen Schritt weitergehen. Zu Beginn der Woche hat er offiziell angekündigt, ins Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner einzusteigen. Derzeit ist er gegen die beiden Schwergewichte unter den Kandidaten seiner Partei – Donald Trump und Ron DeSantis – nur eine kleine Nummer. Gerade einmal zwei Prozent der Republikaner würden sich heute für ihn entscheiden.
Amerikanischer Traum
Doch Scott lässt sich davon nicht beirren. Es glaubt an die Überzeugungskraft seiner Geschichte, die exemplarisch für den Amerikanischen Traum steht – und das in einer schwarzen Version. Von vielen Medien wird er mit Barack Obama verglichen, mit dem ihn nach Ansicht politischer Beobachter vor allem das Talent für zündende Reden verbindet.
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Ideologisch ist Scott dagegen am anderen politischen Ende angesiedelt. Der Senator ist ein tiefgläubiger evangelikaler Christ und beruft sich auch als Politiker auf seine in der Religion wurzelnden Überzeugungen. Er sehe sich eher dem Glauben verpflichtet als republikanischen Werten, meint er gerne. Das macht ihn zu einem vehementen Verfechter einer rigorosen Beschränkung von Schwangerschaftsabbrüchen. Diese sollen seiner Ansicht nach maximal sechs Wochen nach der Zeugung möglich sein.
Evangelikale Christen
Trotz seiner derzeitigen Außenseiter-Rolle hat Scott einige potente Geldgeber hinter sich, die ihn vor allem für seine tiefe Religiosität und seinen Konservativismus schätzen. Damit hat der Senator eine gut gefüllte Wahlkampfkasse und ein zumindest potenziell großes Wahlpublikum: Fast 40 Prozent der US-Bürger sind evangelikale Christen und als solche in einer Kirchengemeinde engagiert. Für sie, die sich mit Donald Trump, dem Lebemann und Ehebrecher, immer schwer getan haben, wäre Scott eine überzeugende Alternative – auch weil er sich vom kämpferischen afroamerikanischen Aktivismus, der diesen Wählern Angst macht, distanziert.