Thüringen-Wahl: Linke-Ministerpräsident braucht CDU oder FDP
Thüringen ist und bleibt vermutlich auch nach dieser Wahl anders: Seit 2014 regiert hier ein rot-rot-grünes Bündnis mit einem linken Ministerpräsidenten – in Deutschland ein bundesweites Experiment.
Für die Linke wurde es nun zum Wahlerfolg. Die Partei erreichte mit Bodo Ramelow an der Spitze mehr als 30 Prozent – ihr bisher bestes Ergebnis. Damit hat sie um fast 15 bis 20 Prozent mehr als in den anderen ostdeutschen Ländern, wo sie nicht regiert bzw. nur kleiner Partner ist. Dass ein Teil der Wählerschaft wie dort zur AfD abwanderte – die Partei kam mit Rechtsaußen Björn Höcke auf fast 24 Prozent – konnte man dennoch nicht verhindern.
Ob Bodo Ramelow trotz seines Sieges weiter in der Staatskanzlei bleibt? Mit seinen Partnern Grüne und SPD hat er keine Mehrheit. Thüringen war für die Ökos noch nie ein leichtes Pflaster, dennoch blieben sie hinter den Erwartungen. Für die SPD ist das einstellige Ergebnis eine weitere Zäsur. Spitzenkandidat und Minister für Wirtschaft Wolfgang Tiefensee beklagte sich im Vorfeld über wenig Unterstützung aus Berlin. „Die Personaldebatten überdecken alles, was wir geschafft haben“, sagte er mit Blick auf den Bewerb um den Parteivorsitz. Es ist kein Geheimnis, dass er die Wahl zur neuen SPD-Spitze und die Frage zum Verbleib in der Koalition schon gerne Mitte Oktober hinter sich gebracht hätte.
Tiefschlag für CDU
Für die Konservativen setzte sich – genauso wie für die SPD – ein Trend fort: Wie schon bei den Europa-, Sachsen- und Brandenburg-Wahlen müssen sie massive Abstriche machen. Die Konservativen – 2014 noch stärkste Partei – wollten die Führung im Land wieder zurückerobern. Am Ende fuhren sie mit etwa 22 Prozent das schlechteste Ergebnis in der Landesgeschichte ein – 11 Prozent Verlust.
Generalsekretär Paul Ziemiak lobte dennoch den Wahlkampf von Spitzenkandidat Mike Mohring. Dieser forderte aber schon im August mehr Rückendeckung aus Berlin. Darüber hinaus hätte er sich wie sein SPD-Konkurrent ein paar versprochene Würfe von der Großen Koalition erhofft, die man dem Wahlvolk präsentieren kann: Zum Beispiel die Grundrente. Für viele Ostdeutsche sei das "ein existenzielles Thema", so Mohring.
In Berlin werden sie ab Montag in den Parteizentralen grübeln und beraten, was zu tun ist, wie man wieder zu alter Stärke findet. In der CDU steht Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer weiter unter Beobachtung ihrer Gegner. Zuletzt ist sie mit einer nicht in der Regierung abgestimmten Initiative zu UN-Schutzzonen in Syrien vorgeprescht, was beim Koalitionspartner für Ärger sorgte. Im Willy-Brandt-Haus ist überhaupt noch unklar, wer die SPD künftig anführt und in welche Richtung sie steuert. Keines der Bewerberteams kam im Mitgliederentscheid auf eine absolute Mehrheit, also wird Mitte November erneut gewählt. Und danach über den Verbleib in der Großen Koalition abgestimmt.
Dass Neuwahlen nicht unbedingt zu alter Stärke verhelfen können, zeigt sich in den aktuellen Bundestrend-Umfragen sowie in der Bilanz ihrer Ergebnisse der vergangenen Landtagswahlen – mit Thüringen endete nun die letzte in diesem Jahr. Was sich dort für Berlin lernen lässt: Die Mehrheitsfindung wird für schwächelnde Volksparteien schwierig.
Koalition: Neue Farbenspiele nötig
CDU-Mann Mike Mohring schließt wie die Bundes-CDU eine Zusammenarbeit mit AfD und Linke aus. Ministerpräsident Bodo Ramelow könnte mit einer Rot-Rot-Grün-FDP-Konstellation weiter im Amt bleiben. Laut ersten Prognosen haben die Liberalen den Einzug in den Landtag knapp geschafft, lehnen aber eine Koalition mit der Linken ab. Es könnte also wieder zu einem Experiment kommen - und zum Beispiel auf eine Minderheitsregierung hinauslaufen. Ramelows Bündnis müsste sich von einer weiteren Partei tolerieren lassen – von der CDU, der AfD oder der FDP. Ob das auf Dauer funktioniert, ist fraglich.