Politik/Ausland

Terror gegen Teenager: Abscheu über "entsetzliche Feigheit"

Der 20-jährige Connor Bain und seine 17-jährige Schwester Rachel gehen mit ihren Reisetaschen über die Brücke nahe der Halle Richtung Innenstadt. Sie waren dabei, als die Bombe explodierte. Sie hätten im mittleren Bereich gesessen – mit gutem Blick auf die Bühne, erzählen sie. Alle hätten nur schnell raus gewollt. Binnen Minuten seien Polizei und Krankenwagen da gewesen. "Alles ging ganz schnell", sagt Rachel. Die Geschwister waren für das Konzert aus dem schottischen Glasgow angereist.

Connors und Rachels Eltern wissen, dass ihre Kinder den Terroranschlag unbeschadet überlebt haben. Andere wussten das nicht und suchten verzweifelt nach ihren Kindern. Sie schickten Bilder ins Netz mit der dringenden Bitte um Hinweise. "Diese #ManchesterMissing-Tweets brechen mir das Herz", twitterte eine Frau.

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Die Identifizierung der Toten dauert. In der Halle lagen viele Schuhe und Handys, die die Jugendlichen auf ihrer Flucht verloren hatten. Die BBC berichtete, von Eltern, die darauf bestanden haben, dass ihre Kinder zuerst verarztet werden, obwohl auch sie verletzt wurden. In den acht Spitälern, auf die die Verletzten aufgeteilt wurden, operierten die Chirurgen ohne Ende. Viele Jugendliche schweben in Lebensgefahr oder müssen noch einmal operiert werden. Sie haben schrapnellartige Verletzungen, denn der Attentäter dürfte eine Nagelbombe verwendet haben.

IS bekennt sich

Montag um 22.33 Uhr Ortszeit ging der erste Notruf ein. Der Attentäter hatte sich an einem der Ausgänge nach dem Konzert in die Luft gesprengt. Die Polizei glaubt, die Identität des Mannes zu kennen, wollte damit aber noch nicht an die Öffentlichkeit. Die Terrororganisation "Islamischer Staat" hat den Anschlag für sich reklamiert. Ein "Soldat des Kalifats" habe eine Bombe in einer "Ansammlung von Kreuzfahrern" platzieren können, meldete das IS-Sprachrohr Amaq. Der Anschlag diene dazu, "die Ungläubigen" zu terrorisieren.

Nach ersten Berichten britischer Medien soll es sich bei dem Attentäter um den 22-jährigen Salman Abedi handeln. Ein in Manchester geborener Sohn von Flüchtlingen aus Libyen.

Reportage aus Manchester: "Wir müssen zusammenstehen"

Polizei und Geheimdienste überprüfen, ob es sich um einen Einzeltäter handelt, oder ob hinter dem Massenmord ein Netzwerk steckt. Die Ermittler fassten auch einen 23-Jährigen im Stadtteil Chorlton, später durchsuchten sie mehrere Objekte in Whalley Range und Fallowfield, dabei führte die Polizei auch eine "kontrollierte Explosion" durch.

Die Manchester Arena liegt mitten im Zentrum der Industriestadt, sie ist die größte Halle in Europa, und bietet bis zu 21.000 Besuchern Platz (zum Vergleich: die Wiener Stadthalle hat 12.000 Plätze).

Familie von Trainer Guardiola in Konzert

Unter den Todesopfern ist ein achtjähriges Mädchen aus Layland nordwestlich von Manchester. Unter den Verletzten sind zwölf Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren.

Bei dem Konzert waren auch die Frau und die Töchter von Fußball-Startrainer Pep Guardiola, berichtete die spanische Zeitung Mundo Deportivo. Cristina, Valentina, 14, und Maria, 9, stünden "unter Schock", seien aber unverletzt. Pep Guardiola schrieb auf Twitter: "Mein tiefstes Mitleid an alle Familien und Freunde der Opfer."

Königin Elizabeth II. sprach den Opfern ihr Beileid aus. In ihrer Mitteilung hieß es: "Ich möchte meine Bewunderung dafür ausdrücken, wie die Menschen von Manchester mit Menschlichkeit und Mitgefühl auf diese barbarische Tat reagiert haben." In Hotels konnten Konzertbesucher wie die Geschwister aus Glasgow ausruhen, unter dem Hashtag #roominmanchester wurden spontan Unterkünfte angeboten, an mehreren Orten in der Stadt wurden zu Mittag Sandwiches und Getränke verteilt.

Emotionale Gedenkfeier

Am Abend sind mehrere Tausend Menschen auf dem Albert Square im Zentrum von Manchester zu einer Gedenkfeier zusammengekommen. "Wir werden allen Terroristen trotzen", sagte Bürgermeister Eddy Newman in einer kurzen Ansprache vor dem Rathaus.

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An der Gedenkveranstaltung nahmen Politiker aller großen Parteien teil - darunter der Labour-Vorsitzende Jeremy Corbyn, der Chef der Liberaldemokraten, Tim Farron, und die konservative Innenministerin Amber Rudd. Großbritanniens Premierministerin Theresa May hatte Manchester bereits am Nachmittag besucht, um sich einen Überblick über die Lage zu verschaffen.

Bedrohungslage "kritisch"

Nach dem Selbstmordanschlag hat Großbritannien die Terror-Warnstufe angehoben. Die Bedrohungslage werde auf Basis der Ermittlungen nun als "kritisch" eingestuft, sagte Premierministerin Theresa May am
Dienstagabend in einer Fernsehansprache. Dies bedeute, dass ein weiterer Anschlag unmittelbar bevorstehen könne.

Man dürfte nicht ignorieren, dass womöglich eine größere Gruppe von Einzelpersonen in den Anschlag vom Montagabend verwickelt sei. May teilte zudem mit, dass das Verteidigungsministerium einem
Antrag der Polizei auf Unterstützung der Streitkräfte stattgegeben habe. Es könne sein, dass Militärpersonal bei öffentlichen Ereignissen wie Konzerten oder Sportveranstaltungen eingesetzt werde.

Karaoke und Musical

Schon als Neunjährige stand Ariana Grande während einer Kreuzfahrt auf der Karaoke-Bühne. Sängerin Gloria Estefan, die ebenfalls unter den Passagieren war, entdeckte sie. Mit 15 schaffte es das Mädchen mit den italienischen Wurzeln im Musical "13" an den Broadway. Es folgten die TV-Serien "Victorious" und "Sam & Cat" auf dem Kindersender Nickelodeon.

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Blitzkarriere

2014 wurde zum Erfolgsjahr für die Sängerin. Sie veröffentlichte zwei US-Nummer-eins-Alben und landete mit dem vier Millionen Mal verkauften Song "Problem" einen Sommerhit. Auch bei der Bambi-Verleihung wurde sie als Newcomerin gefeiert. Die heute 23-jährige Amerikanerin gewann im November 2016 den American Music Award in der Kategorie "Künstler des Jahres". Ihr Markenzeichen sind erotische Bühnen-Outfits. Ariana Grande hat 106 Mio. Follower auf Twitter.