Serbien: Vučić schon im ersten Wahlgang im Amt bestätigt
Der serbische Präsident Aleksandar Vučić hat sich am Sonntag schon in der ersten Runde der Präsidentenwahl eine weitere Amtszeit gesichert. Er habe sich etwa 60 Prozent der Stimmen versichert, die SNS 49,85 Prozent der Stimmen, was ihr 124 oder 125 von 250 Parlamentssitzen bringen wird. Seine SNS könnte zusammen mit dem Bund der Vojvodina-Ungarn (SVM) eine neue Regierung bilden.
Bisher waren an der Regierung auch die Sozialisten beteiligt. Es blieb unklar, ob Vučić nicht mehr an eine erneute Koalitionsregierung mit den Sozialisten von Ivica Dacic denkt.
Die Prognose beruhte auf einem Auszählungsstand von gut drei Fünftel der Stimmen. Vučić' schärfster Gegenkandidat, Zdravko Ponoš, kam demnach auf 17,4 Prozent der Stimmen. Das oppositionelle Parteienbündnis "Vereinigt für den Sieg Serbiens", das Ponoš aufgestellt hatte, kam bei der Parlamentswahl mit 12,8 Prozent auf den zweiten Platz. Die mitregierenden Sozialisten erhielten 11,6 Prozent. Damit hat das Regierungslager weiterhin eine satte Mehrheit im serbischen Parlament.
Das Bündnis von Umweltverbänden und mehreren kleineren Parteien des linken Zentrums "Wir müssen" hat demnach 4,3 Prozent der Stimmen erhalten. Den Sprung ins Parlament haben drei weitere Parteien rechts vom Zentrum - Nada, Dveri und Zavetnici - mit jeweils 5,4 Prozent, vier Prozent und 3,9 Prozent der Stimmen geschafft.
Geringe Wahlbeteiligung
Die Wahlbeteiligung lag nach Angaben der staatlichen Wahlkommission bei etwa 60 Prozent. Allerdings wurde die Stimmabgabe wegen langer Warteschlagen in manch einem Wahllokal, allem voran in Belgrad, bis über 21 Uhr verlängert.
Vučić bestimmt seit 2012 in wechselnden Funktionen die Politik Serbiens. Das Parlament war eigentlich erst 2020 neu gewählt worden. Vučić ließ die Neuwahl jedoch vorziehen, um durch die Zusammenlegung mit der Präsidentschaftswahl die Vorherrschaft der SNS abzusichern.
Die Medien,von Vučić kontrolliert, prognostizierten logischerweise einen Sieg Vučićs in allen Umfragen. Er selbst kündigte an, dass jedes Ergebnis unter 60 Prozent für ihn eine Enttäuschung sein würde.
"Keine Demokratie mehr"
Kritiker werfen Vučić vor, immer autoritärer aufzutreten: "Wir sind schon lange keine Demokratie mehr. Zu einer Demokratie gehören unabhängige Institutionen, Medien, Prinzipien sowie Werte. Das haben wir nicht", klagte etwa der Oppositionelle Dragan Ðilas, ehemals Bürgermeister Belgrads, im KURIER-Gespräch.
Wobei der Balanceakt Vučić zwischen EU-Integration (Serbien ist ja seit 2012 Beitrittskandidat) und der Freundschaft zu Russland künftig noch diffiziler wird: Belgrad und Moskau verbinden die historische Allianzen der Slawen – und enge Wirtschaftsbeziehungen. "Russland ist der viert- oder fünftgrößte ausländische Investor (in dem Balkanland, Anm.). Umgekehrt ist Russland einer der wichtigsten Abnehmer serbischer Güter", sagt Branimir Jovanovic, Serbien-Experte des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW). 80 Prozent der Bevölkerung betrachtet Russland mittlerweile als echten Freund – die EU rangiert weit dahinter. Vučić, der Kremlchef Wladimir Putin bereits 19 Mal getroffen hat, werde also weiterhin versuchen, "auf zwei Stühlen zu sitzen", sagt der WIIW-Mitarbeiter.
Viele Baustellen
Allerdings werde es laut dem Experten wegen des Ukrainekrieges in den kommenden Jahren zu einer wirtschaftlichen Entkoppelung zwischen der EU und Russland kommen. Und das werde auch Auswirkungen auf Serbien haben, dessen Beitritt zur Union sich dadurch beschleunigen könnte, meint Jovanovic.
Der Einfluss Putins spielte im serbischen Wahlkampf nur eine untergeordnete Rolle, sehr wohl aber die Beziehung zum Kosovo: Im Gegensatz zu den vergangenen Wahlen durften die ethnischen Serben in der ehemaligen jugoslawischen Provinz diesmal nicht abstimmen, was zu heftigen Spannungen geführt hat. Diese wieder abzubauen, beziehungsweise die Beziehungen zu Pristina zu regeln, wird eine der Hauptaufgaben der neuen Regierung und des alten, neuen Präsidenten sein – genauso wie eine Klärung des Verhältnisses zu Moskau und Brüssel.