Politik/Ausland

So reagiert die internationale Presse auf den Hamas-Angriff in Israel

Internationale Tageszeitungen kommentieren am Montag den Großangriff der Hamas und anderer militanter Palästinenser-Organisation auf Israel, die Lage im Nahen Osten und die möglichen geopolitischen Folgen. Eine Auswahl im Überblick.

➤ Hier finden Sie alle aktuellen Entwicklungen in Israel in unserem Live-Ticker.

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Wall Street Journal (USA)

Der Angriff vom Samstag aus Gaza zeigt die Realität der globalen Unruhe, die sich von Monat zu Monat ausbreitet. Israel steht an vorderster Front, aber die gesamte demokratische Welt ist ein Ziel. Der jüdische Staat mag technologisch überlegen sein, aber er ist immer noch von unerbittlichen Feinden im Norden, Süden und Osten bedroht. (...)

Ein widerlegter Mythos ist, dass die Palästinenser in Frieden mit Israel leben werden, wenn sie einen eigenen Staat bekommen. Nicht, solange die Hamas und der Islamische Jihad die Palästinenser terrorisieren und beherrschen können. Israel überließ 2005 Gaza den Palästinensern, aber die Hamas übernahm 2007 die Macht und ermordet jeden in dem Gebiet, der ihr Ziel infrage stellt, die Juden aus ganz Israel zu vertreiben.

Libération (Frankreich)

Der israelische Premierminister trägt einen großen Teil der Verantwortung für diese Katastrophe (...) und für das erstaunliche Versagen seines Landes, seine Bürger zu schützen: Sein taktisches Bündnis mit der Hamas, das darauf abzielt, jeden legitimen Vertreter der palästinensischen Seite zu schwächen, hat ihn dazu veranlasst, die Südgrenze militärisch zu räumen und sie im Westjordanland zu verstärken - wie es seine rechtsradikalen Verbündeten verlangen.

Er wird dafür wahrscheinlich einen hohen Preis zahlen; doch der ist gering im Vergleich zu dem Leid, das er seinem Volk zugefügt hat.

El Mundo (Spanien)

Der arabisch-israelische Konflikt besteht seit fast einem Jahrhundert und ist einzigartig in der Welt. Die verschiedenen Friedensformeln sind immer wieder gescheitert, und die internationale Gemeinschaft hat es nicht geschafft, die wiederkehrenden Gewaltausbrüche zu stoppen.

Im Gegenteil: Der Radikalismus in der Region hat zugenommen. Die Aggression der Hamas fügt der palästinensischen Sache irreparablen Schaden zu und droht, den Nahen Osten weiter zu destabilisieren.

Neue Zürcher Zeitung (Schweiz)

Auch wenn die Hamas militärisch verlieren wird, könnte ihr zynisches Kalkül aufgehen. Denn die wahrscheinlichste Erklärung für den Angriff ist, dass sie damit (Regierungschef Benjamin) Netanyahus Bemühungen um die Normalisierung der Beziehungen mit Saudi-Arabien torpedieren will. Wenn es in Gaza zu Häuserkämpfen kommt und Tausende Palästinenser sterben, wird an eine Annäherung mit den Saudis tatsächlich auf absehbare Zeit nicht mehr zu denken sein.

Eine langfristige Lösung für den Gaza-Konflikt kann nicht militärisch, sondern nur politisch erreicht werden. Die Bevölkerung, die in Gaza wie in einem Freiluftgefängnis lebt, braucht eine Perspektive. Möglich ist dies nur, wenn die Konfliktparteien eine Lösung finden, die beiden Völkern in Israel-Palästina ein Leben in Würde, Wohlstand und Sicherheit erlaubt.

Times (Großbritannien)

Der Iran ist einer der politischen und finanziellen Unterstützer der Hamas-Regierung in Gaza. Israels Premierminister Benjamin Netanyahu hat Teheran mehrfach angeprangert und die Bemühungen der Biden-Administration um eine Wiederbelebung des Abkommens zur Begrenzung der iranischen Nuklearkapazitäten öffentlich kritisiert.

Er könnte nun - entgegen lang anhaltenden Vorbehalten der israelischen Militärführung - versucht sein, den Iran anzugreifen, wenn diesem eine direkte Verbindung mit dem Hamas-Angriff nachgewiesen werden kann.

de Volkskrant (Niederlande)

In den letzten Jahren hat Israel mit seiner unnachgiebigen Haltung im Konflikt mit den Palästinensern und vor allem mit seiner fortgesetzten völkerrechtswidrigen Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten in der Weltöffentlichkeit viel Sympathie verloren. Dennoch können die verständlichen Klagen der Palästinenser niemals die Gräueltaten vom Samstag rechtfertigen.

Zudem hat die Hamas an diesem Wochenende einmal mehr gezeigt, dass auch eine diplomatische Lösung des Konflikts unmöglich ist, solange sich die palästinensische Führung im Gazastreifen in den Händen einer radikalisierten und skrupellosen Terrorbewegung befindet, die nicht nur zu schweren Verbrechen gegen Israel fähig ist, sondern laut Berichten von Amnesty International auch die Menschenrechte in ihrem eigenen Gebiet schändet.

De Standaard (Belgien)

Es ist unmöglich, den Angriff der islamistischen Organisation Hamas auf Israel nicht scharf zu verurteilen. Vor allem die Art und Weise, wie sie dies tat, ist abscheulich. Zynischerweise werden es nun gerade die Palästinenser im Gazastreifen sein, die am Ende den höchsten Preis für das zahlen werden, was die Hamas entfesselt hat.

Der Angriff hatte viel von einer Verzweiflungstat. Dass er zu einer Verbesserung der Lage der Palästinenser führen wird, ist zu bezweifeln. 

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Svenska Dagbladet (Schweden)

Wir wissen immer noch nicht genau, wie der Hamas der Angriff auf Israel gelingen konnte, aber insgesamt ist es nicht verwunderlich, dass die militärischen Fähigkeiten der Organisation gewachsen sind. Die Hamas existiert, um Israel zu zerstören. Das ist die Existenzberechtigung der Gruppe. Sie gibt daher den allergrößten Teil ihrer Ressourcen zum Zerstören und zum Morden aus statt für den Aufbau. Es ist wichtiger, zivile Israelis zu ermorden als den Palästinensern zu helfen

Magyar Nemzet (Ungarn)

Für Konflikte gibt es keine militärische Lösung, trotzdem versucht es ein jeder ausschließlich damit. Wahrscheinlich deshalb, weil es auch keine friedliche Lösung gibt. Der ganze israelisch-palästinensische Streit ist unlösbar, unaufarbeitbar, unbehandelbar. Israel kann nur schlecht reagieren, denn das Recht auf Selbstverteidigung ist in dieser Situation eine Verpflichtung, selbst dann, wenn damit nichts erreicht werden kann.

Die Palästinenser haben gleichfalls nur schlechte Optionen. Ihre Städte sind Flüchtlingslager, auf ein Leben in Würde haben sie keine Chance, jeder von ihnen kann irgendwo im Kugelhagel sterben. Der Krieg hat beide Völker höllisch aggressiv gemacht. Der Frieden wiederum ist im Heiligen Land nicht nur eine Illusion, sondern ein Schimpfwort.