Politik/Ausland

Meistgesuchter Hamas-Terrorist: Ist er tot, verletzt oder nur untergetaucht?

Israels Armeesprecher wollte die Meldung weder bestätigen noch dementieren. Alle Kontakte zur Außenwelt von Jechije Sinwar, dem Chef der militant-islamistischen Hamas im Gazastreifen, scheinen seit Tagen unterbrochen. Doch könnten erste Meldungen zu einem Tod Sinwars verfrüht sein. Israels Armee will die Peinlichkeit einer voreiligen Bestätigung vermeiden. 

Unklar ist auch, ob es den Versuch einer gezielten Tötung gab oder von einem Zufallstreffer die Rede sein soll. Wenn er denn getroffen wurde.

Israels Armee bestätigte bisher nur, eigene Untersuchungen zum Verbleib Sinwars durchzuführen. Sie jagt ihn schon seit Jahren. Er war der Planer des Massakers am 7. Oktober 2023  im Süden Israels.

Insgesamt wurden dabei 1200 Menschen ermordet und 250 verschleppt. Nur noch selten und kurz verlässt Sinwar seitdem die Hunderte Kilometer langen Tunnelbunker der Hamas im Gazastreifen. Er soll auch schon in Frauenkleidern gesichtet worden sein. 

Funkgeräte benutzt er so gut wie nicht mehr. Laufboten halten den Kontakt Sinwars zu den letzten Hamas-Kämpfern aufrecht - aber auch zur Hamas-Auslandsführung. 

Waffenstillstand in weiter Ferne

Über diese laufen seit Monaten die Verhandlungen zu einem Geiselaustausch. Sie stagnieren in letzter Zeit. Es kommt sogar zu Vermutungen, der Abbruch der Außenkontakte käme dem Hamas-Alleinherrscher ganz gelegen. Von vielen Seiten ist er Druck ausgesetzt, einem Geiselaustausch zuzustimmen. Da wären die Vermittlerstaaten Katar und Ägypten wie auch die militärische Führung der Hamas. Sie alle fordern einen baldigen Waffenstillstand.

 Auch der mit Hamas verbündeten libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah käme ein Kampfende im Gazastreifen passend. Israel verstärkt seit Tagen den Druck auf die Miliz, die seit über 11 Monaten einen Abnutzungskrieg gegen Israel führt. Gezielte Tötungen von Hisbollah-Führern und vor allem die Pager-Explosionen letzte Woche setzen die Hisbollah unter Druck, aber auch ihre Patrone in Teheran.

Auch sie wollen keine Ausweitung der bisherigen täglichen Raketen-Angriffe über den Grenzzaun hinweg in einen regionalen Krieg. Ohne Abkommen und Kampfende im Süden will die Hisbollah aber nicht im Norden nachgeben.

So hat sie es mehrfach versprochen. Sinwar hingegen sieht einen Krieg, der alle Anrainerstaaten Israels umfassen könnte, als sein strategisches Ziel.

 Auch Israels Premier Benjamin Netanjahu zieht offensichtlich eine Fortsetzung der Kämpfe vor - im Gegensatz zur militärischen Führung. Er teilte am Sonntag mit, dass nach letzten Informationen „noch mehr als die Hälfte der Entführten am Leben“ sei. Soll heißen: Fast die Hälfte ist es nicht. 

Hilferufe der Geiselangehörigen

Die Hilferufe der Angehörigen der Geiseln werden immer verzweifelter. Doch durch die Verschärfung des Kampfgeschehens im Norden rückt die Sorge um die 101 Verschleppten im Hamas-Gewahrsam in den Hintergrund der öffentlichen Wahrnehmung. Auch Netanjahu käme ein Abkommen mit Kampfende im Süden ungelegen. 

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Er müsste dann um ein vorzeitiges Ende seiner Amtszeit fürchten. Wäre danach doch eine Untersuchung des Versagens von Regierung und Armee am 7. Oktober 2023 unumgänglich. 

Die USA versuchen mühsam, die Verhandlungen wieder aufleben zu lassen. Mit neuen Vorschlägen, gegen die Netanjahu weiter Einwände hat. Die von der Hamas aber rundweg abgelehnt werden. Sie beharrt auf der ursprünglichen Version des Abkommens, die US-Präsident Joe Biden Ende Mai vorgelegt hat. Ob Sinwar selbst diese Version akzeptiert, ist aber unklar.