Politik/Ausland

Selenskij kämpft in New York um Verbündete

Zum dritten Mal seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine stand der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Angesichts der schwindenden Unterstützung des Westens für die Verteidigung seines Landes will er die Verhandlungsposition seines Landes vor möglichen Gesprächen mit Moskau verbessern – aus diesem Grund, so sagte er, dauere seine Rede nur zwanzig Minuten.

„Siegesplan“

Er wolle die Zeit nutzen, um mit Staats- und Regierungschefs über weitere Unterstützungsleistungen für die Ukraine zu sprechen. „Fehlgeleitete Bemühungen um ein Friedensabkommen“ würden „die russische Aggression nur belohnen“ und zu einem „eingefrorenen Konflikt“ führen, in dem Russland einen Großteil der Ukraine Landes besetzt hielte. Einen entsprechenden „Siegesplan“ will er dem US-Präsidenten Joe Biden dieser Tage vorlegen. Bisher ist durchgesickert, dass es wohl um bessere westliche Sicherheitsgarantien, eine Aufstockung der Militärhilfe und weitere finanzielle Unterstützung gehen soll.

Russen vor Wuhledar

Militärisch sieht die Lage für die Ukraine seit Monaten schlecht aus. Russische Truppen stehen kurz vor der Einkesselung der Stadt Wuhledar. Hier fügten die ukrainischen Streitkräfte den Russen des Öfteren massiven Schaden zu, wenn sie versuchten, die Stadt frontal anzugreifen. Wuhledar liegt an jener Frontlinie, an der die ukrainischen Streitkräfte vor einem Jahr im Zuge ihrer Gegenoffensive bis zum Asowschen Meer vorstoßen wollten.

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Auch an anderen Frontabschnitten, wie etwa nahezu im gesamten Donbass-Abschnitt sowie im Raum südlich von Kupjansk, rücken die russischen Verbände vor. Im russischen Kursk finden seit Wochen erbitterte Kämpfe statt.

Munitionslager getroffen

Allerdings gelingen der Ukraine seit Tagen erfolgreiche Angriffe auf russische Munitionslager: In der Nacht des 18. September trafen Drohnen der ukrainischen Streitkräfte ein großes Raketen- und Munitionsdepot in der Nähe von Toropez in der Region Twer. Die Explosion des ukrainischen Angriffs auf das Lager war so stark, dass sie von Erdbebenüberwachungsstationen mit 2,8 auf der Richterskala erfasst wurde. Das Lager in Toropez war erst 2018 renoviert worden – Iskander-Raketen, Tochka-U ballistische Raketen, Gleitbomben und Artilleriemunition wurden darin gelagert, der Wert soll sich auf 17 Milliarden US-Dollar belaufen.

Analysten wie dem Militärexperten Oberst Markus Reisner zufolge wurde Munition für zwei bis drei Monate Krieg zerstört. Der frühere russische stellvertretende Verteidigungsminister Dmitri Bulgakow, der Anfang dieses Jahres wegen Korruptionsvorwürfen verhaftet wurde, hatte nach Abschluss der Renovierungsarbeiten erklärt, dass die Anlage den „höchsten internationalen Standards“ entspreche und Waffen vor Raketen und „sogar einem kleinen Atomangriff“ verteidigen könne. Nur wenige Tage später, am 21. September, griffen ukrainische Kräfte ein weiteres Depot im Dorf Oktyabrsky in der Region Twer an.

Ob der Krieg durch Verhandlungen bald enden könnte – Selenskij hatte eine mögliche Lösung bis Jahresende angedeutet – ist derzeit ungewiss. Wohl laufen im Hintergrund Gespräche, offiziell hat Moskau seit der ukrainischen Kursk-Offensive eine Teilnahme an einem Friedensgipfel im Herbst abgelehnt.