Wie Schottland versucht, sein Alkoholproblem zu bekämpfen
Von Anna-Maria Bauer
Kein britisches Land hat ein so großes Trinkproblem wie Schottland. Jede Woche sterben dort 24 Menschen an den direkten Folgen von Alkohol. In den am stärksten benachteiligten Regionen Schottlands ist die Wahrscheinlichkeit noch einmal fünf Mal höher als in den besser situierten. Und im Durchschnitt ist die Wahrscheinlichkeit doppelt so hoch wie in England und Wales.
Doch Versuche der schottischen Regierung, das Problem zu bewältigen, stoßen regelmäßig auf Rebellionen. So auch diese Woche.
Mindestpreis soll erhöht werden
Dazu muss kurz ausgeholt werden: Bereits vor sechs Jahren wurde ein Mindesttarif für die kleinste Alkoholeinheit (MUP) eingeführt. Das sollte den Alkoholkonsum und die dadurch entstehenden Schäden verringern.
In diesem Jahr soll dieser Tarif um 30 Prozent angehoben werden, berichten britische Medien nun. Sie gehen davon aus, dass die schottischen Minister einer Erhöhung von 50 auf 65 Pence pro zustimmen werden. Die billigste Flasche Whiskey könnte dann nur noch um 21,30 Euro (18,20 Pfund) verkauft werden. Derzeit sind es 16,40 Euro (14 Pfund).
Der Wein- und Spirituosenhandelsverband (Wine and Spirit Trade Association) will das verhindern und fordert die Abschaffung der Mindestpreise fordern. "Es gibt keine realen Beweise dafür, dass die Festsetzung von Mindestpreisen pro Maßeinheit bei der Bekämpfung des Alkoholmissbrauchs wirksam wäre."
Und: "Gezielte Maßnahmen haben eine wesentlich größere Wirkung, ohne die große Mehrheit derjenigen zu bestrafen, die verantwortungsbewusst trinken", sagt David Richardson, Direktor für Verbraucherangelegenheiten, im Guardian.
Nur die positiven Berichte “herausgepickt”?
Vergangenen August hatte First Minister Humza Yousaf einen Bericht adaptieren müssen, in dem Statistiken die Wirksamkeit der Mindestunits bewiesen hätten.
Denn Minister der schottischen Konservativen hatten nach der Präsentation beim Statistikinstitut nachgefragt und Yousaf daraufhin vorgeworfen, nur jene eine der 40 Statistiken herausgepickt zu haben, die die Mindesteinheit als Erfolg darstelle. Tatsächlich befinde sich die Zahlen der Alkoholtoten auf einem 14-jährigen Höchststand.
Aus den Augen, aus dem Sinn
Es ist nicht das erste Mal, das Yousaf Gegenwind bei Alkholmaßnahmen entgegenweht. Vergangenen Frühling geriet die Whiskey-Branche in Rage, nachdem die schottische Regierung ein Verbot für Alkohol-Werbung im Fernsehen, auf Plakatwänden und im Sport vorschlug; das Projekt wurde daraufhin auf Eis gelegt.
Im April sah sich Yousaf dazu gezwungen zu verkünden, dass er die Beamten angewiesen habe, "diese Ideen noch einmal zu überdenken und mit der Industrie und vor allem aber mit den Akteuren des öffentlichen Gesundheitswesens zusammenzuarbeiten, um Vorschläge zu erarbeiten." Seitdem gab es keine weitere Stellungnahme dazu.
Und auch die Idee, Alkohol so hinter Supermarktheken zu verstecken, dass sie für Personen unter 1,5 Meter nicht ersichtlich sind, wurde nicht weiter verfolgt.
Schluckweise gegen die Sucht
Doch ein weiteres Pilotprojekt gibtes noch: In Glasgow sind zehn Personen Teil von Schottlands erstem "Managed Alcohol Programme".
Alle ein bis zwei Stunden, berichtete die BBC, wird den Bewohnern eine Einheit Wein oder Bier verabreicht, damit sie genügend Alkohol im Blut haben, um einen Krampfanfall zu verhindern, aber nicht so viel, dass sie betrunken werden. Darüber hinaus würden sie ein Zuhause und damit Stabilität erhalten. Sowie die Möglichkeit, mit psychosozialen Diensten in Kontakt zu treten.
Der Vorschlag war bei der Einführung umstritten, läuft aber nun bereits seit zwei Jahren.