Politik/Ausland

EU-kritischer Strache nur kurz auf Samtpfoten in Brüssel

Das unvermeidliche Küsschen von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker blieb aus. „Aber eine zarte ,Tachtel’ habe ich ja schon einmal von ihm bekommen“, erinnert sich Vizekanzler Heinz-Christian Strache lachend an sein erstes Treffen mit Juncker vor einigen Jahren in Wien. Doch Gespräche mit der EU-Spitze standen bei der Brüssel-Premiere des Sportministers und FPÖ-Chefs gestern, Mittwoch, gar nicht auf dem Programm. Stattdessen nahm Strache erstmals in seiner Funktion als Minister am EU-RatBildung, Jugend, Kultur und Sport“ teil.

Ein Hauch von Angespanntheit ist dem Politveteranen anzusehen. Von der sicheren Oppositionsbank in die erste Reihe der EU-Politik, das verlangt auch dem FPÖ-Chef ungewohnte Anstrengungen ab. Eine dicke Mappe mit Ratsagenden liegt vor ihm. Doch Sport ist das Allerwenigste, wonach der zunächst hörbar Giftzahnbefreite Europaskeptiker in Brüssel gefragt wird: „Wer Europa im Herzen hat“, sagt er wohlmeinend, „muss auch da und dort Kritik üben“.

Die bezieht sich denn auch sofort auf eine EU, die mehr Kompetenzen von den Nationalstaaten fordern könnte.  Auf „Subsidiarität“ pocht der Vizekanzler in  der EU, vermag dann aber nichts Genaueres zu sagen: Man möge doch die jeweiligen Fachminister fragen. Aber dort, wo er am meisten von der EU erwartet habe, beim Außengrenzschutz, da habe sie versagt, führte Strache vor Journalisten aus. Und er redet sich in  Wallung: Die derzeitige Aufgabe der EU-Grenzschutzagentur Frontex sei „alles andere als ein Grenzschutz, sondern eher Schlepperaktivität in modernem Sinn“. Frontex gehöre daher neu aufgesetzt. Emotional argumentiert Strache, scheint aber in Sachen Frontext  nicht zu wissen: Es  war es gerechnet Frontex-Chef Leggeri, der den  NGO-Hilfsschiffen vorgeworfen hatte, wie eine Art Schleppersystem zu agieren.

In seiner EU-kritischen Haltung weiß Strache den französischen Front National, die italienische Lega, die niederländische Partei für die Freiheit und den belgischen Vlaams Belang hinter sich. Zusammen mit den vier teils extrem EU-feindlichen Parteien wird die FPÖ kommendes Jahr in der Fraktion ENF in den EU-Wahlkampf ziehen. Sogar einen gemeinsamen europäischen Spitzenkandidaten will die ENF aufstellen. Sicher ist dabei vorerst nur eines: „Ich bin es nicht“, versichert Strache.

Freude über die Lega

Und während Brüssel sorgenvoll auf die künftige Koalition zwischen Fünf-Sterne-Bewegung und rechtspopulistischer Lega nach Italien blickt, „sehe ich das durchaus positiv“, sagt Strache. „Die Lega ist eine demokratisch legitimierte und äußerst erfolgreiche Partei, und sie wird frischen Wind in das festgefahrene politische italienische System bringen.“ Schon im Vorfeld Strafmaßnahmen zu fordern, hält der FPÖ-Chef für „hysterisch und das ist weder guter Stil noch förderlich für eine gedeihliche Zusammenarbeit“.

Die Lega wird frischen Wind in das festgefahrene politische italienische System bringen.

Heinz-Christian Strache
Vizekanzler

Das Motto „Italiener zuerst“ sieht er gelassen. Strache: „Politiker werden schließlich gewählt, um für ihr Land und für ihre Bevölkerung zu arbeiten. Sich an der eigenen Bevölkerung zu orientieren, schließt übernationales Zusammenwirken nicht aus.“

Was die FPÖ und die Lega zudem eint: die Forderung nach einer Aufhebung der EU-Sanktionen gegen Russland.