Causa Brieger: "Selbst wenn seine Erklärung stimmt, ist er als oberster Militär ungeeignet"
Von Sarah Emminger
Gegen den ranghöchsten Militär der EU, den Österreicher Robert Brieger, gibt es derzeit schwere Vorwürfe. Der Standard hat am Dienstag über einen Online-Kontakt Briegers mit dem ehemaligen Polizisten M. berichtet, der mit rassistischen und neonazistischen Inhalten auf seiner Facebook-Seite aufgefallen war. Auch Verschwörungstheorien und Holocaust-Leugnungen sind dort zu finden.
Brieger kommentierte laut Bericht ein Posting von M., in dem es um die Rheinwiesenlager geht. Dabei handelte es sich um Gefangenenlager der Alliierten im Rheinland am Ende des Zweiten Weltkriegs. In Neonazikreisen wird immer wieder behauptet, deutsche Tote seien dort als jüdische ausgegeben worden, um die Zahl der Holocaust-Opfer fälschlicherweise zu erhöhen. M. teilte auch den Link zu einer Webseite, die genau das behauptet. Briegers Kommentar dazu: Dies sei ein "verschwiegenes Kapitel in der Geschichte der Sieger".
Brieger distanzierte sich
Nachdem der Kommentar publik geworden war, erklärte das Bundesheer in einer Stellungnahme, Brieger teile die Ansichten von Herrn M. in keiner Weise und kenne diesen nicht persönlich. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass auf dessen Facebook-Seite revisionistische und antisemitische Stellungnahmen und Kommentare geteilt worden seien. Die Facebook-Beziehung habe man gelöscht, zuvor waren Brieger und M. auf der Plattform befreundet gewesen.
Sein Kommentar habe "sich ausschließlich an der meines Wissens erst spät erfolgten historischen Aufarbeitung des Schicksals der Insassen der 'Rheinwiesenlager' orientiert", so Brieger.
Entdeckt wurde M. von der Plattform "Stoppt die Rechten", gegründet vom Grünen Karl Öllinger, der bis 2017 im Nationalrat saß, weil M. in der Freundesliste eines deutschen "Reichsbürgers" aufgetaucht war.
"Kommentar ist zu deutlich"
Öllinger zufolge hat die Erklärung Briegers zur Causa weder Hand noch Fuß: "Wenn man auf die Seite des Herrn M. geht, fällt einem doch sofort auf, dass es das Konto eines wirklich schlimmen Holocaust-Leugners ist", sagt er zum KURIER. Dort gebe es etwa Postings von Ursula Haverbeck, einer bekannten deutschen Holocaust-Leugnerin.
Und weiter: "Natürlich kann man als Herr Brieger sagen: Ich habe mir nur dieses eine Posting angesehen. Aber selbst dann ist sein Kommentar dazu zu deutlich." Und wenn Briegers Erklärung stimme und ihm tatsächlich nicht klar gewesen sei, dass das Posting von M. einen neonazistischen Kontext gehabt habe, sei er "als oberster Militär ungeeignet".
Zum ersten Mal aufgefallen war Brieger Öllingers Plattform, als der Militär in geleakten FPÖ-Chats aufgetaucht war, in denen es um die Bestellung Briegers zum Generalstabschef gegangen war. Heinz-Christian Strache hatte sich demnach als damaliger Vizekanzler bei Herbert Kickl erkundigt, ob Brieger "eh einer von uns" sei. Kickl bejahte. Brieger erhielt seinen Posten unter FPÖ-Verteidigungsminister Mario Kunasek.
Tanner nennt Brieger "zuverlässig", Brüssel will "Klarstellungen"
Das Bundesheer kommentierte die Causa am Mittwoch per Aussendung. Brieger teile die "Ansichten des Herrn M. in keiner Weise" und distanziere sich davon, hieß es da. Es sei ihm nicht bekannt gewesen, dass auf dessen Facebook-Seite revisionistische und antisemitische Stellungnahmen und Kommentare geteilt würden. Im Standard-Interview sagte Verteidigungsministerin Claudia Tanner dazu: "Ich kenne General Brieger als zuverlässigen und verantwortungsvollen Militär. Er selbst hat die Inhalte bereits strikt abgelehnt und sich davon klar distanziert. Jetzt liegt es an der Kommission, dies zu prüfen, diese hat ja angekündigt, sich um mehr Klarstellung zu bemühen."
Die EU-Kommission hatte angekündigt, sich um "weitere Klarstellungen" bemühen. Man nehme die Anschuldigungen sehr ernst, erklärte eine Sprecherin am Mittwoch gegenüber der APA. "Alle Formen der Leugnung, Verzerrung oder Verharmlosung des Holocaust sind inakzeptabel", hieß es.
Die Grünen hatten am Dienstag auf EU-Ebene eine Überprüfung von Briegers Amtsfähigkeit gefordert. Eine solche hält auch Öllinger für "wünschenswert". Er hat den Eindruck, dass das Abwehramt - einer der beiden Nachrichtendienste des österreichischen Bundesheeres - bei der Ausforschung von neonazistischen Aktivitäten in den eigenen Reihen nicht mehr so aktiv ist wie noch vor einigen Jahren. Womöglich passiere die Ausforschung aber durchaus ausreichend, eben nur nicht öffentlich, sagt er.
Bei der Polizei sei in den vergangenen Jahren auffällig gewesen, dass etliche Polizisten beim "Staatenbund Österreich" waren. Dabei handelt es sich um eine staatsfeindliche Verbindung, die die Existenz der Republik Österreich nicht anerkennt – ähnlich wie die "Reichsbürger" Deutschland.
Anm.: Der Artikel wurde am 25.4. um 10:58 Uhr mit der Stellungnahme Claudia Tanners ergänzt.