Reden mit Moskau? Heikle Begegnungen gab es auch in Wien
Von Konrad Kramar
Nein, um öffentliche Aufmerksamkeit war das Außenministerium in Wien in diesem Fall nicht bemüht. Es dauerte also gut zwei Wochen, bis das Gespräch von Generalsekretär Peter Launsky-Tieffenthal mit dem russischen Vize-Außenminister Wladimir Titow bekannt wurde.
Der Russe war zu einem Treffen der Botschafter seines Landes nach Wien gereist, und Launsky-Tieffenthal nützte die Gelegenheit, um ihn persönlich zu sprechen.
Man habe natürlich nichts anderes gemacht, als den Russen quasi die Leviten zu lesen, betont man auf KURIER-Anfrage im Außenministerium. Man habe, so die offizielle Formulierung, die Position der EU zu Russlands Angriffskrieg in der Ukraine übermittelt. Doch in einer politischen Eiszeit, wie sie derzeit gegenüber Russland herrscht, sorgt eben jedes persönliche Treffen für Interesse und natürlich auch für nervöses Augenzwinkern in anderen EU-Hauptstädten.
Nur Ungarn schert aus
Dass Wien in Fragen Russland-Kontakte so betont zurückhaltend agiert, liegt auch an den Vorgaben aus Brüssel. Eine EU-Richtlinie legt fest, dass bilaterale Gespräche mit Russland auf Ministerebene derzeit nicht geführt werden sollen. Einzig Ungarn hat sich nicht um diese Anweisung geschert und ein Treffen mit dem russischen Außenminister Lawrow abgehalten. Österreich dagegen will sich daran halten, Spitzendiplomaten wie Launsky-Tieffenthal dürfen ja Gespräche führen. Schließlich wird uns ja ohnehin von vielen Seiten allzu große Nähe zu Russland vorgeworfen. Bei der Debatte über Sanktionen gegen Russland übte sich Österreich regelmäßig als Bremser und Bundeskanzler Nehammer reiste noch im April zu Putin nach Moskau.
Kanäle offen halten
Gesprächskanäle offen zu halten könne aber kein Fehler sein, meint man im Außenministerium. Wenn sich also Gelegenheiten zu Kontakten ergäben, könne man sie nützen, ohne die EU-Linie aufzuweichen. Man wolle sich aber derzeit keineswegs als Vermittler ins Spiel bringen oder Wien als Ort für Gespräche anbieten.
Treffen in der Türkei
Doch das Treffen in Wien ist nicht der einzige diplomatische Gehversuch in Richtung Russland. Sogar die USA haben erst vor wenigen Tagen ein politisches Schwergewicht mit viel Russland-Erfahrung in Bewegung gesetzt. CIA-Direktor William Burns reiste in die Türkei, um dort den Chef des russischen Auslandsgeheimdienstes, Sergej Naryschkin, zu treffen. Über Inhalte des Gesprächs wollte man offiziell kein Wort verlieren. Doch Russlands ständiges Drohen mit Atomwaffen war angeblich ein Thema.
Ungestörter Rückzug
Wie und wo es also Gespräche mit Moskau gibt, erfährt man also momentan nur aus der Gerüchteküche der Sozialen Medien. Dort wurde etwa schon beim Rückzug der Russen aus Cherson vor wenigen Wochen gemunkelt, dass der Teil eines möglichen Waffenstillstands sei. Hätte man sonst zugelassen, dass sich die Russen weitgehend ungestört zurückziehen konnten?