Putin wünscht sich Biden als Wahlsieger
Für Russland wäre nach Worten von Kremlchef Wladimir Putin ein Sieg von Joe Biden bei der US-Präsidentenwahl der beste mögliche Ausgang.
In einem Interview für das russische Fernsehen, das der Kreml am Mittwoch im Voraus auszugsweise veröffentlichte, kritisierte Putin die US-Regierung: "Ich denke, dass die Haltung der jetzigen Administration in höchstem Maße schädlich und falsch" sei. Trotzdem sei ein Sieg Bidens vorzuziehen, sagte Putin.
"Er ist der Erfahrenere, er ist berechenbar, er ist ein Politiker alter Schule." Allerdings werde Russland mit jedem Präsidenten arbeiten, den das Volk der Vereinigten Staaten wähle. Putin (71) nahm den 81-jährigen Biden auch in Schutz vor Vermutungen, dass dieser nicht mehr gesund genug für sein Amt sei.
Schon bei einem Gipfeltreffen in der Schweiz 2021 habe es geheißen, dass Biden nicht mehr handlungsfähig sei, sagte Putin. "Ich habe nichts dergleichen gesehen."
Die Äußerungen Putins passen nicht recht zur Politik Russlands in den vergangenen Jahren, die auf den Republikaner Donald Trump gesetzt hat. Trump rühmt sich seines angeblich guten Drahtes zu Putin. In dem Interview ging der Kremlchef auf Trumps viel kritisierte Äußerung ein, dass er NATO-Bündnispartnern mit geringen Verteidigungsausgaben im Fall eines russischen Angriffs keine amerikanische Unterstützung gewähren würde.
Trump habe seine eigene Sicht darauf, wie sich das Verhältnis der USA und ihrer Verbündeten entwickeln sollte, sagte Putin. Unlogisch daran sei nur die Haltung der Europäer: "Sie wollen, dass die USA sie weiter umsonst beschützen".
Kritik an deutscher Außenministerin
Putin kritisierte zudem die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock. Die Grünen-Politikerin sei nicht nur feindselig gegen Russland eingestellt. "Sie verhält sich auch feindselig gegen das eigene Land", sagte er und bezog dies auf die Energiepolitik der Grünen. Die Grünen schürten die Furcht der Menschen vor dem Klimawandel. Seien sie aber dank dieser Angst an die Macht gekommen, verfolgten sie eine ganz andere Politik: In Deutschland werde jetzt mehr Energie aus Kohle erzeugt, sagte Putin.
Zu Baerbocks behaupteter Feindschaft gegen das eigene Land sagte der Kremlchef: "Es ist schwer sich vorzustellen, dass eine Politikerin dieses Ranges sich so geringschätzig zu den wirtschaftlichen Interessen ihres Landes, ihres Volkes verhält." Er führte dies nicht näher aus. Als Hintergrund lässt sich die Politik der Ampel-Regierung vermuten, Deutschland wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine unabhängig von russischem Gas zu machen. Baerbock macht aus ihrer Kritik an Russland keinen Hehl und tritt für eine starke europäische Unterstützung der Ukraine ein.
Putin musste sich in dem Interview erst vergewissern, dass er den Namen Baerbock richtig ausspricht. Anlass der Äußerungen über die deutsche Außenministerin war, dass der Journalist Pawel Sarubin ihn nach der Verstrickung von Baerbocks Großvater in den Nationalsozialismus fragte. Die Grünen-Politikerin spricht offen über ihren Großvater, der Offizier der Wehrmacht im Einsatz an der Ostfront war. Hier nahm Putin Baerbock (43) und die jüngere Generation in Deutschland in Schutz. "Ich glaube nicht, dass die heutige Generation von Deutschen die volle politische Verantwortung tragen sollte für das, was Nazi-Deutschland angerichtet hat", sagte der Kremlchef.