Neue Virus-Variante: Britische Regierung erwägt Lockdown-Ausdehnung
Der britische Premier Johnson zeigte bei einer Pressekonferenz Montagabend Verständnis für die Besorgnis, die die Berichte über eine neue Coronavirus-Variante im Land in Europa ausgelöst haben. Man habe die WHO vergangenen Freitag informiert, sagte er, und bereits am Tag danach "prompt und entschieden" mit der Verhängung eines strengen Lockdowns der neu geschaffenen Stufe 4 auf die Gefahr reagiert.
Der Lockdown gilt vorerst für London und einige andere Gebiete im Südosten Englands, in denen sich die Mutation besonders stark ausgebreitet hat. Sir Patrick Vallance, Johnsons oberster Berater in Sachen Corona, deutete aber an, dass die strengen Maßnahmen ausgedehnt werden könnten. Die neue Virus-Variante finde sich bereits im ganzen Land und der Verdacht erhärte sich, dass sie deutlich ansteckender sei als bisher bekannte Varianten. Vallance erneuerte seinen wichtigsten Rat an alle Briten: "Bleiben Sie in der Gegend."
Mit Blick auf die bevorstehende Zulassung der ersten Coronavirus-Impfung in der EU sagte Johnson, dass in Großbritannien mittlerweile rund 500.000 Menschen eine erste Impfdosis erhalten hätten. Der bestehende Impfplan, der in erster Linie auf ältere Menschen und medizinisches Personal abzielt, soll vorerst trotz des Auftauchens der Virus-Mutation nicht geändert werden. Eine Journalistin hatte zuvor gefragt, ob nun auch andere Personengruppen geimpft würden.
Zahlreiche europäische Länder haben mit der Schließung ihrer Flughäfen für britische Flugzeuge auf die Mutation reagiert, Nachbarländer wie Belgien oder Frankreich auch mit Sperren des Zug- und Straßenverkehrs.
Großbritannien hoffe auf eine rasche Wiedereröffnung der französischen Grenze und die Wiederaufnahme des Warenverkehrs, sagte Johnson. Er habe mit Präsident Emmanuel Macron gesprochen, jeder verstehe die Position des anderen. „Wir wollen das Problem so schnell wie möglich lösen.“
Es müsse sichergestellt werden, dass Lastwagen in beide Richtungen „covid-frei“ fahren könnten, so Johnson. Er versuchte, die Bevölkerung zu beruhigen. „Die große Mehrheit von Lebensmitteln, Medikamenten und Versorgungsgütern erreichen uns wie immer.“
Brexit-Chaos
Bei den am Sonntag neuerlich verlängerten Brexit-Verhandlungen ist unterdessen laut Johnson weiter keine Einigung in Sicht. „Es gibt Probleme“, sagte Johnson. Großbritannien werde es jedoch auch ohne ein Abkommen mit der EU über die künftigen wirtschaftlichen Beziehungen gutgehen. Die dann geltenden Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) wären „mehr als zufriedenstellend“, so Johnson. „Wir kommen mit Sicherheit klar.“