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Gaza: Luftangriff Israels nach Raketenbeschuss fordert Tote

Augenzeugen berichteten von mehreren Bombardements in und um die Stadt Khan Younis. Palästinensischen Angaben zufolge wurden mindestens 31 Menschen getötet. Allein in der Stadt Gaza seien 17 Palästinenser ums Leben gekommen, hieß es aus medizinischen Kreisen des Küstengebiets.

Berichte werden geprüft

Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Israels Armee teilte auf Anfrage mit, die Berichte zu prüfen. Bei Angriffen im Süden des Küstengebiets wurden acht Menschen getötet, hieß es aus medizinischen Kreisen weiter.

Der Beschuss folgte auf Raketenangriffe auf israelische Orte in der Nähe des Gazastreifens, zu denen sich die Gruppe Islamischer Jihad bekannte. Es handle sich um Vergeltung für "Verbrechen" gegen das palästinensische Volk, erklärten die Al-Quds-Brigaden, der bewaffnete Arm der Gruppe.

Die israelische Armee erklärte, etwa 20 Geschoße seien aus der Gegend um Khan Younis abgefeuert worden. Die meisten wurden demnach abgefangen und es wurden keine Opfer gemeldet. Die Armee habe daraufhin "die Quellen des Feuers", also Abschussrampen, beschossen. Um zivile Opfer zu vermeiden, seien Bewohner östlicher Viertel von Khan Younis zuvor aufgefordert worden, das betroffene Gebiet zu verlassen, teilte die Armee mit. Augenzeugenberichten zufolge begaben sich Tausende Menschen auf die Flucht in sogenannte sichere Zonen weiter westlich, die aber bereits überfüllt seien.

Nach der Aufforderung des israelischen Militärs, Gebiete im südlichen Gazastreifen zu verlassen, ist auch das Europäische Krankenhaus in Khan Younis fast menschenleer. "Das Spitalspersonal und die Patienten haben beschlossen, sich selbst zu evakuieren", sagte Rik Peeperkorn, Sprecher der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Nur drei Patienten seien dort geblieben. Die WHO hoffe, dass die Klinik bei dem Vorgehen der israelischen Armee nicht beschädigt werde.

Das Chaos im Gazastreifen erschwert den Vereinten Nationen zufolge die Verteilung von Hilfsgütern. "Der fast völlige Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung hat zudem zu einem Klima der Gesetzlosigkeit und Kriminalität geführt. Diese besorgniserregende Entwicklung behindert die Fähigkeit der UNO, ihrem Mandat nachzukommen", sagte die Hilfskoordinatorin Sigrid Kaag vor dem Weltsicherheitsrat in New York.

Lösungen für Hilfsgüter

Kaag betonte, Israel müsse Lösungen für eine sichere Verteilung der vor Grenzposten aufgestauten Hilfsgüter an die gesamte notleidende Bevölkerung in dem Küstenstreifen finden. Zuletzt waren Lastwagen mit Gütern immer wieder von verzweifelten Palästinensern geplündert worden. "Der Spielraum für eine Beschleunigung (der Hilfe) bleibt weiterhin sehr stark vom politischen Willen sowie dem Umfeld und den Bedingungen vor Ort abhängig. Es gibt keinen Ersatz für politischen Willen", betonte Kaag. Israel war nach dem verheerenden Terroranschlag der Hamas im Oktober in den Gazastreifen einmarschiert.

Der Krieg im Gazastreifen hält nun seit fast neun Monaten an. Ausgelöst worden war er durch einen beispiellosen Angriff von Kämpfern der radikalislamischen Hamas und anderer militanter Palästinenser-Gruppen wie dem Islamischen Jihad auf Israel am 7. Oktober. Dabei waren nach israelischen Angaben 1.195 Menschen getötet und 251 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden. 116 befinden sich nach wie vor in der Gewalt der Hamas, 42 von ihnen sind laut der israelischen Armee bereits tot.

Als Reaktion auf den Überfall geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums vom Sonntag, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dabei bisher mehr als 37.900 Menschen getötet.

In Shejaiya, einem Wohnviertel im Osten der Stadt Gaza, im Zentrum des Küstenstreifens und in Rafah, der letzten Hochburg der Hamas im Süden, seien Bodentruppen mit Unterstützung aus der Luft weiter im Einsatz. Eine nicht genannte größere Zahl von bewaffneten Gegnern sei getötet, militärische Anlagen und Tunnel zerstört sowie Waffen und Munition gefunden worden, teilte die israelische Armee am Dienstag weiter mit.

Die israelische Armee warf der Hamas erneut vor, systematisch gegen das Völkerrecht zu verstoßen und zivile Infrastruktur und die Zivilbevölkerung als menschliche Schutzschilde für ihre terroristischen Aktivitäten gegen Israel zu missbrauchen. Die Armee berichtet immer wieder von Raketenabschussrampen in Wohngebieten, Waffenlagern in Schulen und Tunneln für Kämpfer unter Krankenhäusern.