Politik/Ausland

Nach Kanada-Krise: Zweifel an saudischem Reformwillen

Kanada ist ernsthaft besorgt wegen neuer Festnahmen von Aktivistinnen für die Zivilgesellschaft sowie Frauenrechte in Saudi-Arabien, einschließlich von Samar Badawi“ – dieser Tweet des kanadischen Außenministeriums sorgte für eine diplomatische Krise zwischen Ottawa und Riad, die saudische Regierung erklärte den kanadischen Botschafter zur unerwünschten Person und wies ihn aus.

Badawi, Schwester des seit 2012 inhaftierten Raif Bloggers Badawi, wurde im Juli zusammen mit einer anderen Aktivistin festgenommen. Sie hatten sich gegen die geltende „männliche Vormundschaft“ ausgesprochen – ohne die Erlaubnis eines Mannes dürfen Frauen weder studieren noch reisen.

Das wahhabitische Königreich hatte unter dem Kronprinzen Mohammed bin Salman eine gesellschaftliche Öffnung angekündigt und teilweise durchgeführt – seit Ende Juni dürfen Frauen beispielsweise Autos fahren.

Menschenrechtsorganisationen kritisieren jedoch, dass der gesellschaftliche Wandel nur von oben käme, die Bürger selbst jedoch nur wenig mitzureden hätten. „Die Festnahmen sind ein Signal, dass das saudi-arabische Königshaus jeden friedlichen Widerspruch gegen seine autokratische Herrschaft als Bedrohung versteht“, lautete ein Statement von Human Rights Watch, nachdem Samar Badawi verhaftet worden war. Im Mai hatten saudische Behörden 17 Aktivisten festgenommen, die sich gegen das Fahrverbot für Frauen ausgesprochen hatten. Einige sind noch in Haft.

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Mächtige PR-Maschine

Salman will sich der Welt als Reformer präsentieren und greift dafür auf die Expertise von großen PR- und Lobbying-Firmen zurück – etwa Washingtoner Unternehmen wie „Squire Patton Boggs“, das branchenintern zu den drei erfolgreichsten Firmen der Welt gehört. Außenpolitisch fährt Saudi-Arabien einen harten Kurs, vor allem im Krieg gegen die jemenitischen Houthi-Rebellen, ebenso gegen seinen Nachbarn Katar. Seit mehr als einem Jahr herrscht eine Handelsblockade, die Grenzen zu Katar sind geschlossen.

Auf Kritik bezüglich der politischen Lage in seinem Land reagiert Salman stets verschnupft. Als der damalige deutsche Außenminister Sigmar Gabriel vergangenen November kritisiert hatte, dass Salman den libanesischen Premier Saad Hariri in Riad festhalten würde, wies Salman den deutschen Botschafter aus. Noch heute sollen deutsche Unternehmen im Königreich bei Auftragsvergaben benachteiligt werden. Auch mit Kanada fror Riad ein vor kurzem geschlossenes Handelsabkommen ein und stoppte alle geplanten Investitionen des Landes. Das saudische Außenministerium bezeichnete den kanadischen Tweet als „eklatante und unzulässige Einmischung in innere Angelegenheiten des Landes, die gegen alle internationalen Normen und Protokolle verstößt“.

Dank der guten Beziehungen zur US-Regierung hat Saudi-Arabien derzeit kaum Konsequenzen zu fürchten.