Regierungen nehmen Tech-Milliardäre immer stärker ins Visier
Von Walter Friedl
Zeitweise hatten Beobachter den Eindruck, dass sich Tech-Milliardäre über staatlichen Autoritäten und Gesetzen wähnten. Doch jetzt wenden sich immer mehr Regierungen gegen die Internet-Giganten. Jüngstes Beispiel: In Brasilien steht Elon Musks Online-Plattform vor dem Aus.
Richter Alexandre de Moraes vom Obersten Bundesgericht hatte die Sperre verfügt, weil das Unternehmen seiner Aufforderung, die Verbreitung von Hassreden und Fake News zu verhindern, nicht nachgekommen sei.
Konkret wurde bekrittelt, dass Beiträge zur Mobilisierung für demokratiefeindliche Aktionen nicht gelöscht worden seien. Die meisten würden von digitalen Milizen des abgewählten rechtspopulistischen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro stammen, die die Wahlniederlage ihres Idols leugnen.
Musk, der vor allem wegen des von ihm geführten Elektroauto-Unternehmens Tesla mit 239 Milliarden US-Dollar Vermögen der reichste Mensch der Welt ist, reagierte wutentbrannt: „Alexandre de Moraes ist ein böser Diktator, der sich als Richter verkleidet“, schrieb er auf X und forderte Redefreiheit ein.
Zugleich veröffentlichte er ein (vermutlich von KI erstelltes) Bild, das offenbar den Richter hinter Gittern zeigen soll.
Lula kontra Musk
Staatspräsident Luiz Inacio Lula da Silva, der 2022 gegen Bolsonaro siegreich aus der Wahl gegangen war, reagierte ebenso resolut: „Nur weil einer viel Geld hat, heißt das nicht, dass er respektlos sein kann. Er kann nicht herumlaufen und Präsidenten, Abgeordnete oder das Höchstgericht beleidigen.“
Frankreich ging jüngst gegen Pawel Durow, den Chef von Telegram, vor. Kurzfristig wurde der 39-Jährige sogar in U-Haft genommen. Unter Auflagen kam er dann frei, er darf aber Frankreich nicht verlassen.
Auch Durow, der ein Vermögen von 15 Milliarden US-Dollar haben dürfte, wird vorgeworfen, inkriminierte Inhalte auf seiner Plattform nicht zu löschen und nicht ausreichend mit den Behörden zu kooperieren.
Schließlich Mark Zuckerberg, Chef des Meta-Konzerns mit Facebook und Instagram. Die EU-Kommission hat ein Verfahren eingeleitet, weil nach Ansicht ihrer Rechtsexperten das Modell „Pay for Privacy“ (Zahlen, dafür keine Werbung) nicht mit EU-Recht vereinbar sei.
Geldstrafen von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes sind möglich, der betrug im Vorjahr gut 135 Milliarden US-Dollar, davon wurden 8,5 Milliarden in Europa erwirtschaftet.