Politik/Ausland

Mikl-Leitner droht Griechenland und warnt vor Asylnotstand in Österreich

Johanna Mikl-Leitner erhöht in der Asylpolitik den Druck auf Italien und Griechenland. Sie bringt auch eine Verknüpfung mit dem geplanten dritten Hilfspaket für die Griechen ins Spiel: "Ein stabiles Asylsystem in Griechenland sollte eine Bedingung für ein Hilfspaket für Griechenland sein", sagte die Innenministerin zum KURIER. Eine effiziente Flüchtlingspolitik der Athener Regierung soll somit Teil der Verhandlungen über neue Hilfen werden, bevor Milliarden ausbezahlt werden.

In der EU-Kommission ist man auf KURIER-Anfrage verwundert über diese Forderung. "Das sind zwei getrennte Verhandlungsstränge, die auf unterschiedlichen rechtlichen Grundlagen basieren. Es sind auch unterschiedliche Akteure in diese Verhandlungen involviert", heißt es in der Kommission.

"Wir werden den Vorschlag der Innenministerin in die Verhandlungen mitnehmen, man muss darüber auch reden", heißt es im Finanzministerium in Wien. Von einem Junktim will man hier aber nicht sprechen.

Druck machen

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Doch Mikl-Leitner möchte mit dieser Forderung Druck machen, dass Griechenland ankommende Flüchtlinge registriert und Fingerprints nimmt. Außerdem solle die Regierung enger als bisher mit der EU-Asylagentur EASA und mit der Grenzschutzagentur Frontex zusammenarbeiten und Anlaufstellen für Flüchtlinge an der griechisch-türkischen Grenze sowie auf bestimmten Inseln errichten.

"Die Lösung der Flüchtlingsfrage wird nämlich zu einer Überlebensfrage für die EU. Wir brauchen Stabilität, sonst werden die Nationalisten in Europa die Oberhand gewinnen", warnt die Ministerin. "Dann ist es schnell vorbei mit dem Friedensprojekt Europa. Stabilität ist der Feind der Nationalisten."

Für Mikl-Leitner sollte man sich ohnehin weniger um die Entlastung von Italien und Griechenland kümmern. Österreich sei "zum Zielland Nummer eins geworden" und habe "mittlerweile die höchste Pro-Kopf-Quote an Asylwerbern" in Europa, betonte die Ressortchefin beim Treffen der EU-Innenminister in Brüssel.

"Derzeit bewerkstelligt Österreich genauso viele Asylanträge wie Italien und Griechenland zusammen", sagte Mikl-Leitner. "Umgelegt auf die Einwohnerzahl heißt das, dass Österreich zehn Mal so viele Asylanträge bearbeitet wie Italien und Griechenland zusammen – und das kann ja wohl nicht gerecht sein."

Umverteilung

Der logische Schluss daraus: Auch Österreich könnte bald den Asylnotstand ausrufen – und wie Italien und Griechenland Solidarität, sprich eine Umverteilung von Flüchtlingen, die im eigenen Land angekommen sind, einfordern. "Ich schließe das für die kommenden Monate nicht aus", sagte Mikl-Leitner.

Österreich werde sich vorerst nicht an der Umverteilung der Flüchtlinge beteiligen – zuerst müssten zwei Bedingungen erfüllt sein: "Erstens, dass diese Länder (Griechenland, Italien) mehr belastet sind als Österreich. Und zweitens, dass diese Länder ihre Verantwortung wahrnehmen, also alle Flüchtling registrieren. Beides sehe ich sowohl in Italien als auch in Griechenland nicht", sagte Mikl-Leitner.

Beteiligen wird sich Österreich demnach nur bei der Aufnahme von 20.000 Flüchtlingen, die direkt aus Krisengebieten in die EU geholt werden sollen. Hier wolle man "zusätzlich zu den 1500 Flüchtlingen additiv 400" aufnehmen.

Seit Monaten verhandeln die EU-Innenminister darüber, wie 40.000 Flüchtlinge, die bereits in der EU sind, neu verteilt werden können. Die Idee dahinter: Italien und Griechenland zumindest etwas zu entlasten – schließlich sind beide Länder vom anhaltenden Flüchtlingsstrom über das Mittelmeer besonders betroffen.

Keine Quote

Eine finale Einigung auf die Umverteilung der Flüchtlinge aus Griechenland und Italien gab es auch beim EU-Innenministerrat am Montag in Brüssel wieder nicht. Stattdessen gibt es nur eine Zwischenlösung: Für das erste von zwei Jahren gibt es genug Zusagen, um 20.000 Flüchtlinge neu zu verteilen. Für das zweite Jahr gibt es bislang nur Zusagen für die Verteilung von 12.000 Flüchtlinge – hier will man im Dezember "nachjustieren". Österreich, sagte Mikl-Leitner, sei bei einer Null-Zusage geblieben – man will niemanden zusätzlich aufnehmen.

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Der Vorschlag des burgenländischen Soziallandesrates Norbert Darabos (SPÖ), die Asylagenden zu Integrationsminister Sebastian Kurz ins Außenministerium zu verlagern, wird in der ÖVP als "absurd" zurückgewiesen.

"Asylpolitik ist eng verknüpft mit polizeilichen und fremdenpolizeilichen Aufgaben", heißt es dazu im Büro von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner.

Asylwesen und Integration seien zwei verschiedene Bereiche, die Trennung somit "vernünftig", sagt ein Beamter im Innenministerium. Es sei schon "sehr bemerkenswert", in welcher Form Darabos von burgenländischen Versäumnissen und eigenen Problemen in der Flüchtlingspolitik ablenken wolle. "Burgenland soll selbst die Flüchtlingsquote einmal erfüllen", sagt ein Experte und fügt hinzu: "Das Manöver von Darabos ist leicht zu durchschauen."

Auch ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka findet den Vorschlag SPÖ-Landesrates als "untauglichen Versuch, vom eigenen Versagen abzulenken". Es falle in die Kompetenz der Länder, die ausreichenden Quartiere für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen. "Sowohl Burgenland als auch Kärnten erfüllen die Quoten zum heutigen Tage deutlich nicht", kritisiert Lopatka. Rund 500 weitere Plätze seien in den beiden Bundesländern nötig.