Politik/Ausland

May siegte, aber bietet Rücktritt an

Die Palastrevolution gegen die britische Premierministerin Theresa May blieb aus: Über acht unterschiedliche Brexit-Varianten hatte das Unterhaus am Mittwochabend abstimmen lassen. Kein einziger Antrag der verschiedenen Gruppen konnte jedoch eine Mehrheit erringen. Damit dürfte May ein Stein vom Herzen fallen. Vorerst. Denn im Vorfeld hatte die Premierministerin alles in die Waagschale gelegt, um ihren Deal doch noch durchzubringen: Sie bietet ihren Rücktritt an, sollte das Unterhaus ihren Plan für den EU-Austritt im dritten Anlauf unterstützen.

Hardliner für May

Dies scheint ihr zumindest bei einigen prominenten Hardcore-Brexiteers gelungen zu sein: Jacob Rees-Mogg, der vergangenes Jahr noch ein Misstrauensvotum gegen sie lanciert hatte und der ehemalige Außenminister Boris Johnson vollzogen einen Schwenk und wollen ihren Deal unterstützen. Fraglich ist, ob sie dies auch tun werden, nachdem der Druck durch das Unterhaus gewichen ist: Der Antrag der Labour-Party , wonach Großbritannien wirtschaftlich eng mit der EU verbunden bleiben sollte, hatte nicht einmal so viele Pro-Stimmen, wie Labour-Abgeordnete im Unterhaus sitzen. Auch die Forderung nach einem Brexit ohne Abkommen wurde mit 400 Gegenstimmen abgeschmettert.

Noch in dieser Woche dürfte das Unterhaus zum dritten Mal über Mays Brexit-Plan abstimmen – vorausgesetzt, Unterhaus-Sprecher John Bercow erteilt seinen Segen dazu. Er hatte am Mittwoch abermals bekräftigt, den Deal erst zur Abstimmung zuzulassen, wenn es „fundamentale Änderungen“ gebe.

Mays Unterstützer hoffen, dass dieser durchgehen wird, ehe sich das Unterhaus am Montag abermals trifft. Dann könnten weitere „indicative votes“ – also Testabstimmungen – erfolgen, um den Druck auf die Regierung zu erhöhen.

Eine Mehrheit für Mays Deal scheint jedoch in weiter Ferne: Ihr Koalitionspartner, die nordirische DUP, lehnt das Abkommen nach wie vor vehement ab, stört sich an der Irland-Notfallklausel, mit der eine harte Grenze auf der Insel verhindert werden soll. DUP-Chefin Arlene Foster machte am Mittwochabend klar, dass sie Mays Vorschlag nicht unterstützen werde: „Die Union (Großbritanniens, Anm.) wird immer zuerst kommen“, sagte sie.

Auf Labour-Chef Jeremy Corbyn kann May definitiv nicht hoffen – für ihn ist ihr Schritt der Beweis, dass „ihre chaotischen Brexit-Verhandlungen“ Partei-Interna, aber nicht dem öffentlichen Interesse genutzt hätten. Auch von der schottischen SNP dürfte es keine Unterstützung geben: „Wenn der Brexit am Ende auf der Basis eines Deals durchgesetzt wird, den niemand unterstützt – ein Deal, der so schlimm ist, dass die Premierministerin sogar ihren Rücktritt versprechen muss, um ihn durchzubringen – wird das ein ohnehin schon schlechtes Projekt noch verschlimmern“, sagte Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon. Die SNP stellt mit 35 Abgeordneten die drittstärkste Kraft im Unterhaus.

In erzkonservativen Kreisen kam Mays Rücktrittsangebot erwartungsgemäß gut an, Jacob Rees-Mogg lobte ihre „edle Tat“. Währenddessen kocht die Gerüchteküche über mögliche Nachfolger über: Die Bandbreite zieht sich von Ex-Außenminister Boris Johnson über die EU-freundliche Arbeitsministerin Amber Rudd bis hin zu Mays Vize David Lidington. Auch Umweltminister Michael Gove hat laut Buchmachern gute Chancen, May zu beerben.

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Die Zeit drängt

Ursprünglich sollte Großbritannien schon an diesem Freitag die EU verlassen. Brüssel bot London kürzlich eine Verschiebung des Brexits bis zum 22. Mai an. Bedingung ist aber, dass das Unterhaus dem Austrittsvertrag noch in dieser Woche zustimmt. Andernfalls gilt die Verlängerung nur bis 12. April. In dem Fall soll London der EU vor diesem Termin sagen, wie es weitergehen soll. Die Zeichen dafür stehen denkbar schlecht.