Politik/Ausland

Nachbarländer schließen Grenzen für Flüchtlinge

Mali: Einst das Musterland in Afrika, mit freien Wahlen und einer florierenden Wirtschaft. Nun ein Krisenstaat aus dem Hunderttausende fliehen. Insgesamt sollen bereits 150.000 Menschen wegen des Konflikts im westafrikanischen Krisenstaat Mali ins Ausland geflüchtet. Dies teilte das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) am Dienstag in Genf mit. Innerhalb der Landesgrenzen sind 230.000 Menschen vor den Islamisten im Norden auf der Flucht.

Die wichtigsten Aufnahmeländer für die Flüchtlinge sind laut UNHCR die Nachbarstaaten Mauretanien, Niger und Burkina Faso. Mauretanien erklärte am Montag, dass Tausende Menschen aus Mali auf dem Weg zur mauretanischen Grenze seien - aber diese werde nun abgeriegelt. Auch der nördliche Nachbar Algerien hat seine Grenze geschlossen, berichtet Spiegel Online. Das Welternährungsprogramm (WFP) teilte mit, für die Versorgung der Malier mit Lebensmitteln würden 129 Millionen Dollar (rund 100 Millionen Euro) benötigt.

Die malische Armee versucht seit vergangener Woche, einen Vormarsch islamistischer Kämpfer nach Süden zu verhindern. Am Freitag hatte Frankreich in den Konflikt eingegriffen. Die französische Armee geht seitdem unter anderem mit Luftangriffen gegen die Islamisten vor, die seit dem Frühjahr vergangenen Jahres weite Teile des Nordens kontrollieren.

Hollande will Streitkräfte aufstocken

Frankreich will seine Truppen in Mali verstärken. Die Zahl von derzeit 750 Soldaten solle erhöht werden, sagte Hollande nach einem Bericht der französischen Tageszeitung Le Monde am Rande eines Besuchs in Abu Dhabi. Frankreich will die Streitkräfte in seiner ehemaligen Kolonie auf insgesamt 2.500 Soldaten aufstocken.

Eine Einheit mit 40 französischen Panzern aus Cote d'Ivoire (Elfenbeinküste) soll einem Bericht zufolge am Dienstagmorgen die malische Hauptstadt Bamako erreicht haben.

Hollande erwartet zugleich, dass es bis zum geplanten Einsatz von Einheiten der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS in Mali noch "eine gute Woche" dauern wird. Länder wie Niger, Burkina Faso, Senegal, Togo, Nigeria und Benin wollen die malische Regierung mit einer rund 3.300 Mann starken Kampftruppe gegen die islamistischen Aufständischen im Land unterstützen.

Österreich lehnt Beteiligung ab

Der französische Außenminister Laurent Fabius sagte bei dem gemeinsamen Besuch mit Hollande in den Vereinigten Arabischen Emiraten, er rechne mit Unterstützung des Einsatzes in Mali auch durch die arabischen Golf-Staaten. Denkbar seien finanzielle oder materielle Hilfen. Auch die USA und mehrere europäische Länder prüfen eine Unterstützung. Eine österreichische Beteiligung an dem Einsatz lehnt man im Verteidigungsministerium in Wien derzeit ab.

Luftangriffe

Bei ihrem Militäreinsatz in Mali griff die französische Luftwaffe in der Nacht auf Dienstag die Stadt Diabali an, 400 Kilometer nördlich der Hauptstadt Bamako. Bei den Luftangriffen seien mindestens fünf islamistische Kämpfer getötet und mehrere andere verletzt worden, sagte ein Mitarbeiter der malischen Sicherheitskräfte. Islamistische Einheiten aus dem Norden Malis hatten Diabali am Montag erobert.

Taliban: "Katastrophale Folgen für Frankreich"

Die Taliban in Afghanistan verurteilten unterdessen die französische Intervention. "Frankreich hat ohne rechtliche Befugnis einen Krieg gegen die muslimische Nation Mali begonnen", sagte Taliban-Sprecher Sabibullah Mujahid am Dienstag. Er rief die internationale Gemeinschaft auf, "derartige Verstöße" zu stoppen. Der Einsatz werde nicht nur für Mali, sondern auch für Frankreich "katastrophale Folgen" haben (siehe HIntergrund unten).

Frankreich hätte besser Lehren aus den "gescheiterten Kriegen" in Afghanistan und im Irak ziehen sollen, sagte der Sprecher. Frankreich hat im Dezember seinen Kampfeinsatz in Afghanistan offiziell beendet und den Großteil seiner Truppen abgezogen. Am Freitag startete Paris auf Bitte der Übergangsregierung in Bamako eine Militärintervention zur Unterstützung der malischen Streitkräfte gegen aus dem Norden vorrückenden Islamisten.

Frankreich ist bereits einiges gewöhnt: Elitesoldaten mit Maschinengewehren patrouillieren ständig am Eiffelturm in Paris genauso wie an Flughäfen oder großen Bahnhöfen in Frankreich. Doch seit dem französischen Militäreinsatz in Mali hat die Terrorgefahr noch einmal an Brisanz gewonnen. Frankreich ist mit seinem "Krieg gegen den Terrorismus" zum Ziel Nummer eins für viele gewaltbereite Islamisten aufgerückt. Trotz neuer Drohungen aus Mali, Frankreich "ins Herz" treffen zu wollen, sehen Experten die Schlagkraft solcher Gruppen innerhalb Frankreichs aber als begrenzt an.

Die sozialistische Regierung in Paris ist seit Beginn des Militäreinsatzes am Freitag bemüht, keine Panik in der Bevölkerung zu verbreiten, die Gefahr zugleich aber auch nicht kleinzureden. Innenminister Manuel Valls nannte die Bedrohung am Dienstag "sehr ernst" und rief zu "höchster Wachsamkeit" auf. Im gleichen Atemzug erinnerte er allerdings daran, dass Frankreich schon seit Jahren ernstzunehmenden Terrordrohungen ausgesetzt und die Sicherheit nun noch einmal verstärkt worden sei.

Für Frankreich besteht das Problem unter anderem darin, dass zahllose Nord- und Westafrikaner im Land der einstigen Kolonialmacht leben, von denen ein sehr kleiner Teil zu den gewaltbereiten Islamisten zählt. Anders als beim Einsatz in Afghanistan ist Frankreich diesmal zudem allein als westliche Militärmacht beim "Kampf gegen den Terrorismus" vor Ort. Selbst die Taliban warnten, der Mali-Einsatz werde für Frankreich "katastrophale Folgen" haben.