Politik/Ausland

Machtkampf um Venezuela: Guaidó blies zu Sturm auf Caracas

Tobias Käufer aus Caracas

Der Panzerwagen fuhr direkt auf die Menschen zu: Die erschreckende Szene eines durchbrechenden Wagens der Sicherheitskräfte und vor ihm fliehende Demonstranten war allerdings eher die Ausnahme. Nach den teilweise blutigen Protesttagen in der Vergangenheit, blieb es am Dienstag in Venezuela vergleichsweise ruhig. „Nur“ ein Toter, rund 60 Verletzte und 80 Verhaftungen waren die Bilanz nach dem Überraschungscoup von Oppositionsführer Juan Guaido.

Der zeigte sich an der Seite des von ihm „begnadigten“ Oppositionspolitikers Leopoldo Lopez. Eine Handvoll schwer bewaffneter Militärs standen den beiden Parteifreunden zur Seite. Wenig öffneten sich die Tore der Kaserne und es strömten die Menschen in die Militärbasis La Carlota. Doch der Anfang eines Aufstandes der Militärs war das nicht. „Wir sind stärker als nie zuvor“, behauptet Guaido Mittwochfrüh via Twitter, als er am Tag danach seine Landsleute zu eigentlich geplanten Großdemonstration und der „Operation Freiheit“ aufrief. Zahlenmäßig wurde die größte Demonstration in der Geschichte des Landes erwartet.

Alle Inhalte anzeigen

Nicolas Maduro war dagegen lange nicht zu sehen, bis er sich endlich der Öffentlichkeit zeigte. Er war den Tag über abgetaucht. „Ich danke der Militärführung für den Mut bei der Verteidigung des Friedens“, sagte er in einer Ansprache. Und er drohte den abtrünnigen Militärs: „Diese Verräter werden ihr Schicksal noch kennen lernen“, sagte Maduro. Damit geht der Machtkampf zwischen Regierung und Opposition weiter. Überlebenskünstler Maduro sicherte einmal mehr die Macht, Guaido rückte wieder ein kleines Stückchen näher ran.

Gewaltdrohungen

Allerdings schwebt über ihm stets das Drohszenario einer Verhaftung. Lopez und Guaido können sich in Caracas allem Anschein nach völlig frei bewegen. Das spricht dafür, dass ein Teil der Sicherheitskräfte bewusst wegschaut und mit diesem „Ungehorsam“ Guaido unterstützt. Verteidigungsminister Padrino Lopez drohte offen mit der Anwendung von Gewalt zur Niederschlagung des Aufstandes und offenbarte damit wie angespannt das Nervenkostüm der Regierung ist. Dazu dürfte auch die Aussage von US-Außenminister Mike Pompeo beigetragen haben: „Die Option, militärische Gewalt anzuwenden, ist vorhanden, wenn es dies ist, was letztlich erforderlich ist“, sagte er. Er fügte aber hinzu, seine Regierung hoffe, dass eine Militärintervention nicht notwendig werde: „Wir hoffen, dass es eine friedliche Lösung geben kann“ und dass Maduro sein Amt „ohne Gewalt“ aufgeben werde.

Die Fortsetzung dieses monatelangen Machtkampfes geht nun in die nächste Runde. Mit verhärteten Fronten und ohne klaren Sieger.