Politik/Ausland

Am Freitag verschwindet Großbritannien aus den EU-Karten

Am Freitag ist es – endlich, werden viele sagen – so weit: Die Briten verlassen die EU, der Brexit ist dreieinhalb Jahre nach dem eigentlichen Referendum vollzogen. Es waren zähe Jahre für die Briten. Drei Regierungen wurden verschlissen, das Land tief gespalten.

Im EU-Parlament steht heute die letzte Hürde vor Inkrafttreten von Artikel 50 auf der Tagesordnung. Gegen 18.00 Uhr soll das Austrittsabkommen ratifiziert werden. Es gilt als sicher, dass der mehr als 500 Seiten starke Vertrag eine Mehrheit findet. 

Damit ist die heutige Sitzung auch der letzte Auftritt für die britischen EU-Parlamentarier – allen voran den Rechtspopulisten Nigel Farage. Mit Überraschungen ist diesmal nicht mehr zu rechnen. Hinter den Kulissen müssen aber noch zahlreiche Arbeiten erledigt werden.

Ab ins Museum

Das beginnt schon bei den Hunderten britischen Flaggen, die entfernt werden müssen. Eine davon soll künftig im Haus der europäischen Geschichte in Brüssel ausgestellt werden.

Eine offizielle Zeremonie vonseiten der EU-Institutionen ist nicht geplant. Der Abschied Großbritanniens aus der EU passiert im Stillen. Websites müssen aktualisiert, Karten neu gezeichnet werden. Auf EU-Karten wird Großbritannien künftig nicht mehr blau wie die verbleibenden 27 Länder, sondern grau wie die Schweiz oder Norwegen eingefärbt.

Die Flagge muss übrigens nicht aktualisiert werden. Die zwölf Sterne stehen nicht für die Anzahl der Mitgliedsstaaten, sondern für die Werte zwischen den Mitgliedsstaaten. Zwölf ist darüber hinaus ein Symbol der Vollkommenheit und Einheit – so wurde das zumindest 1955 bei der Einführung des Europarats gesehen. Großbritannien war als Gründungsmitglied da schon dabei. 

"Ich werde es vermissen, der Bösewicht zu sein"

Brexit-Vorkämpfer Farage sieht mit dem Austritt am Freitag quasi sein Lebenswerk erfüllt. "Es gibt nur sehr wenige Menschen im Leben, vor allem in der Politik, die ihren Traum vollenden, und in vieler Hinsicht ist mir das gelungen", sagte der Chef der Brexit-Partei kürzlich in Brüssel.

Vermissen werde er Brüssel nicht, versicherte der Brite, fügte aber hinzu: "Ich werde es vermissen, der schlimme Bösewicht zu sein." Nach einer Brexit-Feier am Freitag wolle er sich aus der Politik zurückziehen "es sei denn, Boris Johnson versemmelt das Ganze".

Neues Handelsabkommen nötig

Denn so ganz in trockenen Tüchern ist der Brexit noch nicht. Noch immer ist offen, wie das Handelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien aussehen wird. Großbritannien bleibt so lange, wie bisher, Teil des EU-Binnenmarkts und der Zollunion, beim Reisen oder auch im Warenverkehr ändert sich nichts.

Im Austrittsabkommen ist eine Übergangsfrist bis zum Jahresende eingeräumt – bis dahin soll ausgehandelt sein, wie es ab 2021 weitergeht.

Der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) sprach bereits von der nächsten "Herkulesaufgabe".

Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer bedauert den Brexit, der am 31. Jänner um Mitternacht stattfinden soll, begrüßt aber das Ende der Unsicherheit für die Betriebe. "Jetzt geht es darum, nach vorne zu schauen und eine möglichst enge Partnerschaft zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich auszuhandeln", fordert Mahrer in einer Aussendung am Mittwoch.

Der EU-Chefunterhändler Michel Barnier für die künftigen Beziehungen zu Großbritannien nach dem Brexit sieht in den anstehenden Verhandlungen mit London eine "riesige Herausforderung". Die Zeit dafür sei "extrem kurz", sagte Barnier bei einer Rede an der Queen's Universität in Belfast am Montagabend und fügte hinzu: "Eine neue Uhr tickt."