Politik/Ausland

Kurz bei Visegrád-Gipfel: Bei Atomkraft hört die Freundschaft auf

„Wir sind glücklich, dass Du hier bist“, sagt der tschechische Premier  Andrej Babiš im Prager Nationalmuseum zu „Sebastian“ (Kurz, Anm.).  Tschechien hat derzeit den Vorsitz der Visegrád-Gruppe oder V4, einem Kooperationsforum der Regierungen Polens, Ungarns, der Slowakei und Tschechiens (mittlerweile) innerhalb der Europäischen Union.  Österreich war – in Form von Bundeskanzler Kurz –  diesmal bei dem V4-Gipfel zu Gast, wie bereits 2018 in Budapest, auch andere Staaten werden regelmäßig eingeladen. 

Dass „Sebastian“ hier von einem derzeit nicht besonders populären Regierungschef beglückwünscht wurde, sei nebenbei erwähnt. Seit Monaten wird gegen Babiš und dessen angebliche Korruptionspraktiken demonstriert. Auch an diesem Donnerstag. 

Österreich als kleines Land „im Herzen von Europa“ sei in einer guten Position, mit den Staaten, die sich sowohl geografisch wie auch manchmal inhaltlich am Rande der Union befinden, auf Augenhöhe zu reden, betont man in Wien gerne. Von der EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat Kurz in dieser Hinsicht Rückendeckung mitbekommen. Er wolle die Visegrád-Staaten „nicht belehren“, hatte er  gesagt. 
 
 

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„Türöffner“

Einen „natürlichen Partner“ nennt Ungarns Premier Viktor Orban seinen österreichischen Amtskollegen Kurz hier in Prag, der Slowake Peter Pellegrini benutzt gar das Wort „Türöffner“. „Wir haben mit Österreich mehr gemeinsam als man meint“, sagt Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki. Hervorgehoben wird wie so oft der Kampf gegen illegale Migration, die Erhaltung der Handlungsfähigkeit der EU und der gemeinsame Handel – Kurz nennt die Visegrád-Staaten „zweitwichtigsten Handelspartner nach Deutschland“ mit einem Handelsvolumen von 37 Milliarden Euro.Dennoch gibt es Gräben zwischen Wien und den V4, die trotz aller Freundlichkeit auch hier niemand zu verheimlichen versucht. Und da geht es vor allem um Geld. 

Die Visegrád-Staaten befürchten, im Zuge des neuen mehrjährigen Finanzrahmens der EU (2021–2027) bei den Zahlungen Einbußen hinnehmen zu müssen – auch weil manch Nettozahler wie Österreich nicht bereit scheint, nach dem Brexit einen erhöhten Beitrag zu leisten. 

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Spaltpilz Atomkraft

Nicht nur das Geld, auch die Kohle trübt das Verhältnis zwischen Österreich und den vier mittel- und osteuropäischen Staaten – besser gesagt, die Alternativen zur Kohle. Polen, das zu 80 Prozent von Kohle abhängt, fühlt sich nicht imstande, bis 2050 CO2-neutral zu sein, wie die EU-Kommission vorgibt. „Ich beneide Österreich für seine Klimawende“, sagt Premier Morawiecki diplomatisch und fügt hinzu, dass der Weg für Polen „komplizierter, länger und kostspieliger“ ist. Die EU hat dafür einen Übergangs-Fonds eingerichtet, der vor allem jene Staaten bei der Klimawende unterstützen soll, die noch eine größere Abhängigkeit  von fossilen Brennstoffen haben. 

Doch die Klimawende bringt noch eine riesige Hürde hervor: Die V4 setzen bei der Erreichung der Klimaziele – auch – auf Atomkraft als „umweltfreundliche“ Energiegewinnung. Und wollen dafür auch EU-Förderungen erhalten. Österreich aber lehnt  AKW (insbesondere nahe der Grenze) hingegen entschieden ab. Und das bekanntlich nicht erst seit der Regierungsbeteiligung der Grünen. Für Österreich sei es „wichtig, dass Atomstrom und Kernkraft nicht gefördert werden“, sagt Kurz zu den anderen entschieden.

„Kostengünstig“

„Reasonable Europe“ steht auf dem Banner hinter den Regierungschefs bei der Abschluss-Pressekonferenz. Das kann man mit „vernünftiges Europa“ übersetzen, aber auch „angemessen“ könnte laut Wörterbuch gemeint sein, „zumutbar“ oder sogar „kostengünstig“. All das würde die Interpretation über die Visegrád-Staaten und ihre Positionen zulassen.