Iran droht den USA: "Sie werden jahrelang büßen"
Ein größeres Staatsbegräbnis hat der Iran seit dem Tod von Ayatollah Khomeini vor 30 Jahren nicht mehr gesehen: Zehntausende Menschen marschierten bereits am Samstag im irakischen Bagdad im Trauerzug für den den von einer US-Rakete getöteten iranischen General Kassem Soleimani. Noch viele mehr werden heute in der iranischen Heimat des 62-jährigen Militärs erwartet, der als der Architekt von Irans gewachsenem militärischen Einfluss im Nahen Osten gilt. Im Iran wurde der einflussreiche General als Volksheld verehrt, für die USA war er ein Todfeind.
Ihn zu töten hatte man in Washington bisher nicht gewagt, weil die USA die unabsehbaren Folgen für den Nahen Osten fürchteten.
Nicht so US-Präsident Donald Trump, der Feuer frei gab: Eine von einer US-Drohne abgefeuerte Rakete zerfetzte Soleimani und sieben weitere Personen in der Nacht auf Freitag auf Bagdads Flughafengelände.
Wann, wo und wie?
Auch in Washington weiß man: diese schwerste, offene Konfrontation zwischen Iran und USA seit Jahrzehnten wird Konsequenzen haben. Die Frage ist nur: Wann, wo und in welcher Form?
Bereits am Samstag Abend schlugen zwei Raketen auf dem Gelände der US-Botschaft ein. Opfer gab es allerdings keine. Die für 2.000 Menschen gebaute riesige Botschaft ist schon seit Monaten nahezu menschenleer. Wegen der schweren Spannungen im Irak und in der Region wurde das Personal auf nur noch 16 Mitarbeiter reduziert. Doch wesentlich mehr an Attacken sind in der nächsten Zeit zu erwarten.
Präsident Hassan Rohani ließ gestern keine Zweifel an der Entschlossenheit des Iran, die Tötung Soleimanis mit aller Härte zu vergelten: „Den Amerikanern ist nicht bewusst, welch großen Fehler sie gemacht haben und dass die für die Folgen dieses Verbrechens nicht nur heute, sondern jahrelang büßen werden.“
Rund 54.000 Soldaten haben die USA im Irak, Afghanistan, Syrien, Katar, Saudi-Arabien und Bahrain stationiert. Weitere 3.000 werden nun in die Region beordert, um den Schutz zu erhöhen. Doch nicht nur jeder einzelne amerikanische Soldat, jede Militärbasis, jeder Diplomat oder Berater ist von nun ein potenzielles Ziel für Vergeltungsschläge iranischer oder pro-proiranischer Gruppen (wie etwa jene der Hisbollah im Libanon).
Auch die militärischen Verbündeten der USA in der Region machen sich Sorgen: Britische und italienische Soldaten fürchten um ihre Sicherheit. In Deutschland wurden Rufe laut, deutsche Soldaten aus dem kurdischen Norden des Irak abzuziehen.35 US-Stellungen in der Region sowie in der israelischen Stadt Tel Aviv lägen innerhalb der Reichweite iranischer Angriffsmöglichkeiten, drohte am Samstag ein iranischer General: Der Iran werde die Amerikaner bestrafen, wo immer sie erreichbar seien. Ein mögliches Ziel: „Die Straße von Hormus ist ein wichtiger Punkt für den Westen, und viele amerikanische Zerstörer und Kriegsschiffe passieren sie.“
Direkte Attacken auf die extrem wichtige Schifffahrtsstraße dürften aber auch die USA wiederum mit Militärschlägen beantworten. Einen offenen Krieg mit der Supermacht USA wird der Iran aber nicht riskieren.
Und so erwarten Iran-Kenner vor allem eine Welle auf Cyber-Attacken – und zwar auf Ziele direkt in den USA: Hackerangriffe auf kritische Infrastruktur seien zu erwarten, etwa auf Energieanlagen, Spitäler, Banken und Behörden, warnen die Experten. In den vergangenen Jahren hat der Iran massiv in seine Cyberkompetenzen investiert – US-Banken wurden schon bisher mehrmals Ziel iranischer Cyberangriffe.