Politik/Ausland

Aufregung: Italienerin in Budapester Gerichtssaal "wie Hund" behandelt

Die Schellen und Ketten - nicht nur an den Händen, sondern auch an Füßen und um die Hüfte: "Wie ein Hund" sei die Italienerin Ilaria Salis diese Woche von einer Gefängniswächterin in den Gerichtssaal in Budapest geführt worden, so kommentierte es jedenfalls Salis Anwalt. 

Die Bilder vom Gerichtstermin der verhafteten Linksaktivistin haben die italienischer Öffentlichkeit so schockiert, dass Premierministerin Giorgia Meloni sich gezwungen sah, ihr ungarisches Pendant Viktor Orbán anzurufen:

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Das italienische Außenministerium hat zudem den ungarischen Botschafter zu sich bestellt. Medien und Opposition schlugen Alarm und kritisierten den Umgang der Behörden mit Salis als unmenschlich. 

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Die 39-Jährige, eine Mailänder Grundschullehrerin, sitzt seit Februar 2023 in einem Budapester Hochsicherheitsgefängnis. Sie soll bei einer Demonstration, ebenfalls in Budapest, zwei Neonazis verprügelt haben, dafür drohen ihr nun bis zu 20 Jahre Haft. Laut ihrem Vater ist Salis in einer Einzelzelle mit Bettwanzen und Ratten untergebracht. Teilweise müsse sie wochenlang die gleiche Kleidung und Unterwäsche tragen. Monatelang habe er keinen Kontakt zu ihr aufnehmen können. 

Mangel an Beweisen

Salis plädiert auf unschuldig und beklagt, bis heute keine Anklageakte erhalten zu haben. Es gibt ein Video, in dem zwei Neonazis zusammengeschlagen werden. Dass sie es ist, die auf die beiden einschlägt, ist angeblich nicht nachgewiesen. Medien schreiben außerdem, dass die Männer nicht Anzeige erstattet hätten. 

Auch dafür, dass Salis mit der Gruppierung der verurteilten deutschen Linksextremistin Lina E. in Verbindung stehe oder gar aus ihr stamme - so ein weiterer Vorwurf - gebe es im Moment keine Beweise. Am gleichen Tag wie Salis wurden zwei Deutsche verhaftet, die aus genau diesem Umfeld stammen sollen und ebenfalls für Angriffe auf Rechtsextremisten verantwortlich gewesen sein sollen. Einer der beiden Deutschen wurde zu drei Jahren Haft verurteilt, die andere zu fünf Jahren.

Am liebsten hätten sich Meloni und ihre Regierung überhaupt nicht um diesen Fall gekümmert. Immerhin geht es um ein Land, zu dessen Premierminister sie einen sehr guten Draht hat. Meloni versteht sich gern als Vermittlerin zwischen Budapest und Brüssel - eine Rolle, die sie wohl auch beim EU-Sondergipfel am Donnerstag spielen wollte, wenn es darum geht, Orbán dazu zu bringen, der finanziellen Unterstützung für die Ukraine zuzustimmen. 

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"Jedes Land bestraft, wie es will"

Wie peinlich der Fall der Regierung ist, sieht man an den Reaktionen. Der Landwirtschaftsminister und Schwager von Meloni, Francesco Lollobrigida, behauptete den Medien gegenüber, er habe die Bilder nicht gesehen „deswegen kann ich mich dazu nicht äußern.“ Der stellvertretende Chef der Lega Andrea Crippa meinte wiederum: „Natürlich tut es einem leid für Salis, aber jedes Land bestraft, wie es will.“ 

Salis Vater fordert die Regierung auf, alles zu tun, um seine Tochter nach Hause zu bringen - und, sollte sie schuldig sein, ihr zu erlauben, die Strafe in Italien abzusitzen.